Gustav Mahler

Gustav Mahler © A. Dupont, New York

Gustav Mahler

Die Rezeptionsgeschichte der Musik Gustav Mahlers (1860–1911) ist erstaunlich. Waren seine Werke noch 1960, als sich der Geburtstag des Komponisten zum hundertsten Mal jährte, eine Angelegenheit für wenige Spezialisten, sind sie nun zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Repertoires zahlreicher Orchester geworden. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Vor allem sehen wir in der Zerrissenheit und den inneren Brüchen der Mahlerschen Musik keine künstlerische Unvollkommenheit mehr, sondern nehmen sie im Gegenteil als einzigartige Qualität wahr. Mahler ist für uns kein Jugendstilkomponist mehr, dessen Musik sich im sinnlichen Genuss erschöpft, sondern fast ein Zeitgenosse, dessen Musik zum Nachdenken und zur geistigen Auseinandersetzung herausfordert. Damit steht er uns als zutiefst moderner Künstler vor Augen, obwohl Mahler mit seinen künstlerischen Mitteln, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, die Schwelle zur neuen Musik nicht überschritt.

Gustav Mahler wurde am 7. Juli 1860 als Sohn einer deutschsprachigen jüdischen Familie in Kalischt in Böhmen geboren. Schon bald nach seiner Geburt zogen die Eltern ins benachbarte Iglau, einer größeren Stadt, wo Mahler Kindheit und Jugend verbrachte. In Iglau empfing er vielfältige musikalische Eindrücke, vor allem auch von der Volks- und Militärmusik, deren Erinnerungsspuren sich später in seinen Werken wiederfinden. Nach erstem Klavierunterricht, den er mit sechs Jahren erhielt, besuchte Mahler das Konservatorium in Wien und auch die dortige Universität, wo er Student Anton Bruckners war. Alle Versuche, sich als Komponist durchzusetzen, schlugen zunächst fehl. Mahler sah seine Chance nun in der Tätigkeit eines Dirigenten, für die es keine geregelte Ausbildung und nur vage Karrieremuster gab. Sein Aufstieg als Dirigent war atemberaubend und führte über zahlreiche Stationen binnen zehn Jahren von Operettendirigaten in einem Kurort zum Amt des Kapellmeisters der Oper in Hamburg, das er von 1891 bis 1897 ausfüllte. In Hamburg fand Mahler, der sich zu einem besessenen Arbeiter entwickelt hatte, endlich ein künstlerisches Umfeld, das seinen Ansprüchen genügte. Vor allem aber gelang es ihm jetzt auch, sein Leben so einzurichten, dass es Raum für kontinuierliches Schaffen bot. Von 1893 an zog sich Mahler jedes Jahr im Sommer in die Abgeschiedenheit eines ländlichen Ferienhauses zurück um zu komponieren. Der Ertrag der Hamburger Zeit übertrifft deswegen alles Frühere erheblich und reicht von der Neufassung der Ersten Symphonie über die „Wunderhorn“-Lieder und die Zweite Symphonie bis zu weiten Teilen der Dritten Symphonie.

1897 erhielt Mahler den Ruf auf einen der prestigeträchtigsten Posten seiner Zeit und wurde erst Kapellmeister, dann bald Direktor der Wiener Hofoper. Die Dekade seiner bis 1907 währenden Amtszeit ging mit vielen bahnbrechenden Aufführungen als besondere Glanzzeit in die Geschichte der Oper ein. Gleichzeitig gelang es Mahler, sich immer mehr als Komponist zu etablieren, sodass seine Symphonien nun auch von anderen Dirigenten – und nicht nur von ihm selbst – aufgeführt wurden. Trotz aller Erfolge als Operndirektor wandelte sich sein Bild in der Öffentlichkeit allmählich von dem eines nebenbei auch komponierenden Dirigenten zu dem eines dirigierenden Komponisten.

Im Sommer 1907 entschloss sich Mahler, der eine gewisse Amtsmüdigkeit verspürte, nach New York an die Metropolitan Opera zu gehen. Dort sollte er nur im Winter für vier Monate dirigieren, sodass ihm die übrige Zeit in Europa zur freien Verfügung stand. Kurz darauf brachte dieser Sommer zwei einschneidende, bittere Erfahrungen für Mahler. Seine älteste Tochter, die der im März 1902 geschlossenen Ehe mit Alma Schindler entsprossen war, starb an einer Scharlach-Diphterie, und bei Mahler selbst wurde eine Herzerkrankung diagnostiziert. Von 1908 an entstand mit dem „Lied von der Erde“, der Neunten Symphonie und der Fragment gebliebenen Zehnten Symphonie ein Spätwerk, in dem Gesten der Trauer und des Abschieds ergreifend auskomponiert sind.

Im Spätsommer 1910 war Mahler in eine tiefe Krise geraten. Seine Gesundheit war geschwächt, seine Ehe praktisch am Ende. Der September brachte dem Komponisten mit der Uraufführung der Achten Symphonie noch einmal große künstlerische Bestätigung, und er absolvierte auch noch die Wintersaison in Amerika. Im Februar erkrankte er aber an einer damals nicht behandelbaren Herzinfektion. Vom Tode gezeichnet kehrte Mahler im April 1911 nach Europa zurück und starb am 18. Mai in Wien.

Stand: Juni 2017

Kommende Veranstaltungen

Vergangene Veranstaltungen