Ausstellung, Aufführungen, Workshops

Welt ohne Außen

Immersive Räume seit den 60er Jahren

Welt ohne Außen

Welt ohne Außen. Immersive Räume seit den 60er Jahren kombinierte zeitgenössische Werke bildender Kunst mit Aufführungen und Workshops. Erstmals wurde vom Gropius Bau eine Dauerkarte aufgelegt, die den wiederholten Besuch erlaubte und dazu einlud, die Ausstellung in all ihren Facetten wie ein Festival zu erforschen und im Rahmen der wechselnden Workshopangebote aktiv an ihr teilzuhaben.

Die von Thomas Oberender und Tino Sehgal kuratierte Ausstellung spannte einen Bogen von Pionier*innen immersiver Raumgestaltung zu zeitgenössischen Positionen und brachte dabei verschiedenste Kunstformen und Disziplinen zusammen. Von Objekten über Installationen, Virtual Reality, 3D-Film, Aufführungen und Workshops entwickelte „Welt ohne Außen“ eine eigene Dramaturgie, die es jeder Arbeit ermöglichte, sich in ihrer je eigenen Zeitlichkeit zu entfalten.

Dabei wurden Situationen der Ankunft, des Ein- und Auftauchens in einem Format geschaffen, das für eine nahezu gegensätzliche Modalität steht: die Ausstellung. Als ein Ritual der westlichen Moderne geht es dabei nicht zuletzt darum, eine bestimmte Vorstellung von Welt und Subjektivität zu etablieren: eine Welt, der man als Mensch gegenüberstehen kann, und eine Subjektvorstellung, die sich aus der urteilenden Distanz zu einem Gegenüber, dem (Kunst-)Objekt, generiert. Immersion hingegen stimuliert ein direktes und unmittelbares Erleben: Eingehen und Eintauchen, Teilsein und In-Beziehung-Stehen werden stärker akzentuiert. In diesem Sinne sind immersive Praktiken Ausdruck eines Weltverhältnisses, das an die Stelle eines Subjekt-Objekt-Dualismus Verwobenheit und Relation setzt.

Wenn Betrachter und Werk an Distanz verlieren, tritt die Frage nach der energetischen Aufladung, der Dichte und des Grads der eigenen Involvierung in den Vordergrund. Die Ausstellung skizzierte dies in einem fließenden Übergang von nahezu noch traditionellen, minimalistischen Kunstobjekten hin zu Formaten, die, an der Schwelle von Kunst und Nicht-Kunst, aus anderen Kontexten einflossen und anderen Verabredungen unterlagen, wie beispielsweise immersiver Journalismus und die im wöchentlichen Wechsel stattgefundenen Workshops.

Den Auftakt der Ausstellung bildete eine Serie von historischen Arbeiten aus den späten 60er Jahren, die bei frühen Arbeiten von Larry Bell und Doug Wheeler ansetzte und diese einem „Ambiente Spaziale“ Lucio Fontanas und Nanda Vigos gegenüberstellte. Von hier spannte sich der Bogen zur zeitgenössischen Kunst: über die „Light Wall“ von Carsten Höller und Dominique Gonzalez-Foersters „Cosmodrome“ – zwei bedeutende Arbeiten aus den frühen 2000er Jahren – bis Cyprien Gaillards „Nightlife“. Der hypnotische 3D-Film markiert eine Schwelle des Übergangs vom bewegten Bild in virtuelle Räume, deren Konstruktion die VR-Pionierin Nonny de la Peña nutzt, um mithilfe virtueller Welten politische Realitäten eindringlich erfahrbar werden zu lassen. Neben vielschichtigen Geruchskompositionen von Wolfgang Georgsdorf gehörten wöchentlich wechselnde Aufführungen im Schliemann-Saal sowie eine in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Isabel Lewis konzipierte Workshop-Reihe zu den Elementen, die „Welt ohne Außen“ zu einem Format zwischen Ausstellung und Aufführung, zwischen dinglichem Werk und sozialem Prozess, Kunst und Nicht-Kunst machten.

Als zentrales Element der Ausstellung öffnete der Schliemann-Saal seine Türen mehrmals täglich für Aufführungen, die sich im Spannungsfeld von Bühnenhaftem und Situativem bewegen. Im wöchentlichen Wechsel waren hier Künstler*innen aus unterschiedlichsten Kontexten eingeladen, unter anderem Claire Vivianne Sobottke, Peter Frost und die Gruppe Le Frau, Maria Francesca Scaroni, Xavier Le Roy und two-women-machine-show & Jonathan Bonnici.

Das Workshop-Programm versammelte unterschiedlichste Ansätze körperbasierter Praxis und legte den Schwerpunkt auf „Embodied Aesthetics“, einer Verbindung also von körperlichen Vorgängen, dem „Fühlen“, und „Denken“ als intellektuellem Prozess. Der Workshop-Bereich erstreckte sich über drei Räume, in denen die Besucher*innen eingeladen waren, sich in drei Phasen auf die aktive Teilnahme einzulassen: von „Hospitality & Orientation“ über „Guided bodily practice and full-bodied engagement“ bis zu „Self-orientation, experimentation and play“. Die Workshops boten Gelegenheit, sich mit verschiedenen Praktiken zu beschäftigen, die Einsatz, Hingabe und Engagement verlangen und bei denen nicht unbedingt ein künstlerischer Ansatz im Vordergrund steht, sondern die sich darauf konzentrieren, die Teilnehmenden „in der Welt“ zu verorten. Die Teilnahme stand allen offen und Spontanbesuche waren herzlich willkommen.

Im Sinne der Ausstellung legten die Berliner Festspiele eine Dauerkarte auf, die über die gesamte Laufzeit hinweg die Teilnahme an allen Workshops und Aufführungen ermöglichte.

Mit Cibelle Cavalli Bastos, Larry Bell, Laura Burns, Renée Coulombe, Lou Drago, Fernanda Farah, Ed Fornieles Studios & Omsk Social Club, Lucio Fontana & Nanda Vigo, Peter Frost und die Gruppe Le Frau, Cyprien Gaillard, Dorota Gawęda & Eglė Kulbokaitė (Young Girl Reading Group), Wolfgang Georgsdorf, Dominique Gonzalez-Foerster, Stefanie Görisch, Jeppe Hein, Michael Helland, Hidden Agency / ∞OS und Gäste, Carsten Höller, Josh Johnson, Ana Jordão, just in f kennedy, Lea Kieffer mit Angela Schubot & Rocio Marano, Dambi Kim, Isabel Lewis, Matthew Lutz-Kinoy, Ángela Muñoz Martínez, Susan Ploetz, Thomas Proksch, Tabita Rezaire, Xavier Le Roy, Maria Francesca Scaroni & Mieko Suzuki, Chris Scherer, Scent Club Berlin, Tino Sehgal, Colin Self, Coral Short & Jean P\'ark, Iv Shri, Claire Vivianne Sobottke, Jessy Tuddenham, two-women-machine-show & Jonathan Bonnici, Doug Wheeler, Helga Wretman, XenoEntities Network

Kuratoren: Tino Sehgal & Thomas Oberender
Kuratorische Mitarbeit: Annika Kuhlmann
Workshops: Konzept und Programm: Isabel Lewis

Eine Ausstellung der Berliner Festspiele im Rahmen der Programmreihe Immersion.

Partner
Visit Berlin

Mit freundlicher Unterstützung durch
Institut Français, France Culture und Julia Stoschek Foundation