Campus 2022

Das Campus-Programm richtet sich an die Teilnehmer*innen des Treffens junger Autor*innen und ist nicht öffentlich. Es gliedert sich in die Bereiche Praxis mit Workshops zu unterschiedlichen literarischen Genres und Themen sowie Dialog mit Einzel- und Werkstattgesprächen.

Praxis

Samstag, 19. November 2022, 10:00 – 12:30 & 13:30 – 16:00 Uhr
Eine Welt außerhalb von mir: Recherche in der Literatur in Zeiten der Autofiktion

Es muss weder Karl May noch Annie Ernaux sein. Zwischen den Polen kultureller Aneignung und autobiografischer Nabelschau gibt es andere Wege, sich literarische Welten zu erschließen und zu fiktionalisieren: mittels Recherche. Wie schaffe ich es aber, meinen Text welthaltig zu gestalten? Was muss ich wissen, damit mein Text authentisch wird? Und wie komme ich an diese Informationen, die ich dann glaubwürdig in den Text einfließen lassen kann? Anhand eigener Erfahrungen beim Schreiben werden verschiedene Recherchetechniken besprochen, von der „einfachen“ Google-Suche bis zur Recherche-Reise und zum Interview.

Manuel Niedermeiers Debütroman „Durch frühen Morgennebel“ erschien 2014. Er erhielt verschiedene Preise und Stipendien, u. a. den Bayerischen Kunstförderpreis sowie das Aufenthaltsstipendium des Berliner Senats am Literarischen Colloquium Berlin. Im Rahmen der Bayerischen Akademie des Schreibens (Literaturhaus München) leitet er Seminare für Studierende. Sein zweiter Roman erscheint im März im Penguin Verlag. Manuel Niedermeier lebt in Berlin und arbeitet neben dem Schreiben und Unterrichten als Bühnentechniker am Maxim Gorki Theater.


Samstag, 19. November 2022, 10:00 – 12:30 Uhr
Die eigene Stimme 1 — Inspiration und Eigensinn

Was macht mein eigenes Schreiben aus? Welche Kniffs, Figuren, Erzählperspektiven, Stilmittel, Redewendungen, Themenfelder und Textarten interessieren mich, auf welche greife ich selbst immer wieder zurück? Möchte ich diese vertiefen, erweitern, remixen oder lieber neue, andere Wege in meinem Schreiben ausprobieren? Worüber wollte ich schon immer einmal schreiben, habe mich aber nie getraut? Inspiriert von literarischen Stimmen, die uns mit ihrem Mut, ihrem Eigensinn und ihrer Radikalität begeistern, wollen wir im Workshop an bestehenden Texten arbeiten oder neue Texte entstehen lassen und uns auf die Suche nach der berühmtberüchtigten „eigenen Stimme“ machen.
Der Workshop „Die eigene Stimme 2 – Text im interdisziplinären Raum“ am Sonntag, dem 20. November baut auf diesen Workshop auf. Beide Teile können aber auch unabhängig voneinander besucht werden.

Mit Rike Scheffler


Samstag, 19. November 2022, 13:30 – 16:00 Uhr
Dazwischen schreiben

Was in der Architektur die Baulücke ist, ist in der Literatur das Schreiben in Alltagslücken hinein. Ich möchte in diesem Workshop dazu anregen, das hastige Schreiben nicht zu verwerfen, sondern fruchtbar zu machen. Kurz: das Instantan in der Literatur zu entdecken

Elisa Aseva, 1979 in Khartoum im Sudan geboren, lebt und arbeitet in Berlin. Als Vertreterin der neuesten digitalen Literaturen war sie zu Gast beim 12. Literaturfestival Berlin 2020, bereits bevor überhaupt ein Buch von ihr erschienen ist. „Über Stunden“ ist ihr erstes Buch, in dem ihr Schreiben in kaleidoskopischer Form in Erscheinung tritt. Ihre poetischen wie politischen Betrachtungen, fantastischen und essayistischen Kleinode fügen sich darin zu einer Momentaufnahme der Gegenwart zusammen.


Sonntag, 20. November 2022, 10:00 – 12:30 & 13:30 – 16:00 Uhr
Wann ist das Gedicht endlich stabil?

Vielleicht kennt ihr das auch: Ein Text, auf den ihr einmal besonders stolz wart, gefällt euch inzwischen gar nicht mehr? Oder ihr arbeitet so lange an einem Gedicht, bis ihr zahlreiche Varianten von ihm habt, aber in jeder Version will etwas anderes überhaupt nicht sitzen? In diesem Workshop wollen wir uns mit dem fertigen Text und seinen Abnutzungserscheinungen beschäftigen und dem Gedicht in seinen diversen Verfassungen begegnen. Es soll also ums Über- und Umarbeiten gehen, aber auch darum, infrage zu stellen, ob es so etwas wie das vollständige und abgeschlossene Gedicht überhaupt gibt. Kann ein Text seine eigene Korrektur vorführen? Wo hört der Haupttext auf, wo fängt seine Kommentierung an? Gemeinsam wollen wir die Scheu vor dem Gedicht, das scheinbar „eines“ ist und als solches intakt bleiben muss, ablegen. Bringt dazu gerne eigene kurze poetische Texte mit, die „unfertig“ sind oder die ihr inzwischen schrecklich findet – keine Sorge, niemand muss etwas zeigen oder vorlesen.

Sandra Burkhardt, 1992 geboren, studierte Kunstgeschichte und Literarisches Schreiben in Karlsruhe, Leipzig und Berlin. 2016 war sie Preisträgerin für Lyrik beim 24. open mike in Berlin, 2018 erschien ihr Debütband „Wer A sagt“ im Frankfurter Gutleut Verlag. Seit 2020 ist sie Mitglied des arabisch-deutschen Literatur- und Übersetzungskollektivs جرم Wiese / wie es ist, wo neben experimentellen und kollektiven Literaturübersetzungen auch performative Lesetexte entstehen.


Sonntag, 20. November 2022, 10:00 – 12:30
Die eigene Stimme 2 — Text im interdisziplinären Raum

Welche Elemente von Welt nehme ich wie in meine Texte auf? Welche Kontexte, Materialien oder Präsentationsweisen jenseits von Buch und Lesung können meine Texte mit einem spannenden Eigenleben versehen? In welchen gesellschaftlichen Feldern wünsche ich mir mehr Sprache, die zum Denken anregt, wach macht, berührt? Im Workshop wollen wir unser Schreiben für neue trans- und interdisziplinäre Räume öffnen. Inspiriert von Künstler*innen aus der bildenden Kunst, der Performancekunst und der Musik werden wir eigene Ideen und Konzepte für unsere Texte entwickeln, beispielsweise ihre Vertonungen ausprobieren oder überlegen, wie wir sie in einer Ausstellung präsentieren würden, und uns so von ihnen an vielleicht für uns neue, ungewohnte Orte und Seinsweisen tragen lassen.

Für diesen Workshop bitte eigene, bereits existierende Texte oder Textfragmente mitbringen.

Der Workshop baut auf „Die eigene Stimme 1 — Inspiration und Eigensinn“ am Samstag, dem 19. November auf. Beide Teile können aber auch unabhängig voneinander besucht werden.

Mit Rike Scheffler


Sonntag, 20. November 2022, 13:30 – 16:00 Uhr
Was für ein Drama!

Kann nur mit Worten gesagt werden, was gesagt werden will? In dieser Werkstatt wird es dramatisch. Wir beginnen bei Molière und enden bei uns selbst. Vom Monolog über den Dialog bis hin zu stummen Szenen. Was ist gestische Sprache? Wozu braucht es eine Handlung? Was ist ein Tiefpunkt? In dieser Werkstatt treten wir auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Wir werden improvisieren, assoziieren, verdichten und auch dem, was zwischen den Worten gesagt wird, vertrauen. Denn das Ausdrücken von etwas durch Sprache hat Grenzen. Dramatiker*innen wissen um diese Grenzen und nutzen sie. Nicht alles, was man denkt und ausdrücken möchte, lässt sich in gesprochene Sprache fassen. Zum Glück, denn wäre es anders, bräuchte es kein Theater mehr.

Katharina Schlender ist Autorin und Projektinitiatorin in Berlin. Sie schreibt Stücke für das Kinder-und Jugendtheater sowie für den Abendspielplan. Hörspiele und Drehbücher gehören ebenso zu ihren Arbeiten. Ihre Texte werden durch den henschel Schauspiel Theaterverlag vertreten. Sie war Gründungsmitglied der BattleAutoren, die die ersten frei und unabhängig vom öffentlichen Theaterbetrieb organisierten DramaTischTage in Berlin durchführten und Mitinitiatorin von „DreimaDrama“ – der Theatertexte-Podcast.

Dialog

Samstag, 19. November 2022, 16:30 – 18:30 Uhr
Sonntag, 20. November 2022, 16:30 – 18:30 Uhr
Werkstattgespräche

Unsere Texte – die kleinen, die kurzen, die guten, die unfertigen – lagern. In Schubladen, in digitalen oder analogen Notizheften, in Clouds oder im Kopf. Lasst sie uns dort rausholen, lasst sie uns anschauen und mit anderen überlegen, wie die eigenen Texte gemacht sind, was sie interessant macht und was sie brauchen könnten. In einem konstruktiven und vor allen Dingen persönlichen Gespräch. Wir wollen gemeinsam eure mitgebrachten oder während des Treffen junger Autor*innen entstandenen Texte lesen und Antworten auf die Fragen suchen, die der jeweilige Text stellt. Wir werden das offene, spontane Vorgehen der Textkritik in der Gruppe üben und einen Umgang mit dem Geschriebenen anderer finden. Lasst uns zusammen üben, Feedback zu geben, Tendenzen zwischen den Zeilen zu erkennen und den Text im Kontext seiner*s Autor*in zu betrachten. Individuell, spontan, ohne Angst, mit der Lust am Hinterfragen. Für die Arbeit bitte Texte aller Gattungen mitbringen – egal, ob fertig, unfertig, alt oder neu!

Mit Rike Scheffler , Yevgeniy Breyger


Samstag, 19. November und Sonntag, 20. November 2022
Lektorat
nach individueller Absprache

In Einzelgesprächen wird es um Stil, Rhythmus, Struktur sowie um die logische und sachliche Richtigkeit in den Texten der Preisträger*innen gehen. Am Ende dieser Arbeit steht das druckfertige Manuskript für die Anthologie des 37. Treffen junger Autor*innen, die im Februar 2023 erscheinen wird.

Mit Rabea Edel, Yevgeniy Breyger