Olivier Messiaen, 1986

Olivier Messiaen, 1986 © Foto Rob C. Croes, Nationaal Archiv, Wikimedia Commons

Olivier Messiaen

Olivier Messiaen (1908 – 1992) ist ein Künstler voller spannungsreicher Gegensätze. Er verbindet avantgardistische Klangsprache mit mystischem Katholizismus, der einer fernen Vergangenheit anzugehören scheint. Messiaens Ästhetik zielt auf die rauschhafte, klangsinnliche Überwältigung der Hörer*innen, bedient sich aber einer rational kalkulierenden, von der Mathematik inspirierten Kompositionstechnik. Dabei greift er unterschiedlichste Einflüsse auf, die von gregorianischen Melodien und außereuropäischer Musik bis hin zu seiner Faszination für die akustische Welt der Vogelrufe reichen.

Messiaen wurde am 10. Dezember 1908 in Avignon geboren. Die Neigung zur Musik und seine schöpferische Begabung traten früh hervor und wurden von seinem künstlerisch aufgeschlossenen Elternhaus gefördert. 1931 begann Messiaen seine Laufbahn als Organist an der Église de la Sainte-Trinité, einer der großen Pariser Kirchen. Dieses Amt versah er bis zu seinem Tod, also über 60 Jahre lang.

Naheliegend ist also, dass Orgelmusik neben der Orchester- und Klaviermusik eine der tragenden Säulen seines OEuvres bildet. Unabhängig von seinen Erfolgen als Organist machte sich Messiaen allmählich auch einen Namen als Komponist. Sein Schaffen vor 1949, in dem sich noch deutliche Anklänge an Debussy und Ravel vernehmen lassen, kulminiert in der opulenten Turangalîla-Sinfonie (1946 – 48). Am Pariser Conservatoire begann Messiaen 1941 Theoriekurse zu geben. Mit seinem unkonventionellen Ansatz zog er avantgardistisch eingestellte Studierende wie Pierre Boulez an und entwickelte sich im Laufe seiner Lehrtätigkeit zu einem der einflussreichsten Kompositionslehrer der Nachkriegszeit.

In seinem eigenen Schaffen brachten die Quatre Études de rythme für Klavier (1949 – 50), mit denen Messiaen der entstehenden seriellen Musik entscheidende Impulse gab, einen radikalen Umschwung zu strenger Konstruktivität. In den maßgeblich von Vogelgesängen inspirierten Werken der folgenden Zeit wie dem Klavierzyklus Catalogue d’oiseaux (1956 – 58) nahm Messiaen allmählich Elemente seines früheren Wirkens wieder auf und fand so zu seinem charakteristischen Stil: Choralartige Melodien, die oft in extrem ruhiger Bewegung erscheinen, dissonanzgehärtete Klangfelder von nicht mehr durchhörbarer Komplexität und andere heterogene Elemente werden zu unregelmäßigen Mosaiken zusammengefügt, die das Publikum vor allem durch ihre klanglichen Wirkungen bezwingen.

1975 begann Messiaen, inzwischen ein weltberühmter Komponist, die Arbeit an seiner einzigen Oper Saint François d’Assise, die im November 1983 uraufgeführt wurde. Das monumentale, an ein Oratorium erinnernde Opus steht häufig auf den Spielplänen und erreicht ein breites internationales Publikum. Olivier Messiaen starb am 28. April 1992 in Paris.

Stand: Dezember 2024