Tanz

FRUST

ACADEMY Bühnenkunstschule und Produktionshaus, Berlin

Fünf Performer*innen auf der Bühne. Sie sehen frustriert aus und bewegen sich nicht.

„FRUST“ von ACADEMY Bühnenkunstschule und Produktionshaus, Berlin © Ivan Ebel/ BAR PACIFICO

Das Tanz-Stück „FRUST“ ist Teil der Trilogie „AUF DIE FRESSE“ des Produktionshauses der Bühnenkunstschule ACADEMY. Das Ensemble und die Choreografin haben sich in einem Kennenlernworkshop im Dezember 2023 zum ersten Mal in dieser Konstellation getroffen und sind in einen gemeinsamen Denkprozess eingestiegen. Es wurde schnell klar, dass „FRUST“ ein zentraler Moment in dem Komplex „AUF DIE FRESSE“ ist, der sich gut in Bewegung umsetzen lässt. Dieses Gefühl, das sich als Resultat von Ereignissen, Erfahrungen oder auch Informationen breit machen kann, einen lähmt, schnell und spitz sein, sich in Wut entladen oder auch zu Trauer umformen kann.

Verfügbar vom 27. September 2024 bis 26. September 2025 in der Mediathekder Berliner Festspiele.

„FRUST“ steht vor der Veränderung. Er ist die Vorstufe für etwas, das folgt – tief im Inneren, mit sich selbst und irgendwie ehrlich. Wir haben über alles, was uns aktuell frustet gesprochen – und da ist viel zusammengekommen. Vom aktuellen politischen Geschehen (Rechte erstarken und die Jugend schert sich nicht?!) über den Klimawandel (Warum greift die Politik nicht beherzter durch?!) von der Obdachlosigkeit in Berlin (Warum lernt man an Menschen, die einfach so am Straßenrand liegen, vorbeizugehen?!) bis zu der individuellen Freiheit und warum manche sich wegen Instagram-Profilen wie „Das ist Berlin Bitch“ nicht trauen, einfach in der U-Bahn zu tanzen.

Die Probenzeit begann Ende Januar mit einem Wochenende, darauf folgten neun intensive Probentage in den Winterferien. Während der Proben haben wir unsere Körper trainiert mit täglichen Work-outs und Drillings und im Anschluss an Soli und Gruppenchoreografien gearbeitet. Die Soli haben wir alle selbst entwickelt. Wir haben Sätze oder Wörter als Titel für unsere jeweiligen Soli gefunden wie zum Beispiel: „Ich bin das Wesen Frust.“, „Frust wegen Abhängigkeit.“, „Hilflosigkeit.“, „Schwierig.“, „Mein Frust bringt mich um.“ oder „So nicht.“

Jurykommentar von Klara Liebig

Frust und Wut und Stärke und Liebe und Aufregung und Verbundenheit sind nur einige Eigenschaften, die die jungen Tänzer*innen der ACADEMY Bühnenkunstschule und Produktionshaus Berlin auf die Bühne bringen. „AUF DIE FRESSE“ nannte sich die Trilogie, in dessen Rahmen die Gruppe „FRUST“ entwickelte. In nur wenigen Tagen trainierten die sieben Tänzer*innen und stellten sich immer wieder die Frage: Was frustriert mich, dich, uns? Und wie fühlen wir uns, wenn wir diesen Frust äußern? Die Akteur*innen füllen 30 Minuten auf einer erhöhten 4x4 Meter großen Plattform, die sicheres Proben erfordert, damit sie sanft von ihr auf- und abtanzen können. Das Ensemble zeigt alle Empfindungen zu inneren Konflikten in seiner Choreografie und seinen Soli. Es tanzt zu einer Musikcollage, die aus Songs besteht, die die jungen Performer*innen selbst in den Prozess mitgebracht haben. In der kurzen Probenzeit haben sie diese Songs beeindruckend studiert und werden eins mit der Musik.

Es ist klar spürbar, dass ein Frustgefühl die Tänzer*innen vorantreibt. Verletzlich
und empowernd füllt das Ensemble den Bühnenraum und geht dabei mutig auf das
Publikum zu, um es anschließend ordentlich krachen zu lassen. „FRUST“ zeigt individuelle Improvisation und mitreißende House-Elemente. In ihrem Prozess setzte sich die Gruppe mit weiteren urbanen Stilen auseinander, wie beispielsweise Krump, um ihre angestauten Gefühle auszudrücken. „FRUST“, ob gesellschaftlich oder persönlich, dieses Thema erstreckt sich hier über mehrere Bilder, in denen sich immer wieder kleine Situationen entwickeln, die einem als Zuschauer*in bekannt vorkommen. 

Die Gruppe nimmt ihren Frust aus Alltagssituationen, ihrem Leben in Berlin, der politischen Lage, dem Gefühl, beobachtet zu werden und dem Druck durch soziale Medien. Alle Tänzer*innen schaffen es, neben ihrer gemeinsamen Intensität, die Stärken und Anliegen jeder einzelnen Person in den Vordergrund zu rücken. Die Gruppe hat sich an der Bühnenkunstschule zusammengefunden – einige Mitglieder kamen aus dem Schauspielbereich, andere aus dem Tanz. Sie bündeln ihre Energien nun im Tanz zu einem Komplex aus Wut, Trauer und dem Willen, sich Veränderung zu stellen.

„FRUST“ ist eine aufregende und empowernde Performance, gefüllt mit lauten Bässen, sensiblen Duetten, ehrlichen Soli, die dem Publikum ein Vertrauen entgegenbringen. Die Tänzer*innen schützen und stützen sich gegenseitig auf der Bühne, bewegen sich in eine Vulnerabilität und teilen dabei ihr innerstes Gefühl.

Mit

Romy Bodinus, Maria Berten, Luna Caric, Malina Fuhr, Mascha Rebmann, Hannah Sonnenberg, Rita Stelling

Stella CaricChoreografie und Leitung