Rebecca Saunders

Rebecca Saunders © Camille Blake

Rebecca Saunders

Die Musik von Rebecca Saunders zeichnet sich durch extrem ausdifferenzierte Klangverläufe aus. Klangfarbigkeit mit ihrem Übergang ins Geräuschhafte findet unter anderem in Werktiteln wie „Blue and Gray“ (2005) für zwei Kontrabässe oder dem Zinnoberrot in „Vermilion“ (2003) für B-Klarinette, E-Gitarre und Violoncello sein Pendant. Eine weitere Inspiration sind die Texte von Samuel Beckett und von James Joyce, dessen literarische Technik des Bewusstseinsstroms sie beispielsweise in „Yes“ (2017) aus dem Roman „Ulysses“ ins Kompositorische überträgt, nämlich Molly Blooms innerer Monolog, den Saunders seit „Crimson – Molly’s Song“ (1995) mehrfach kompositorisch thematisierte.

Ihre kleiner besetzten Kompositionen, wie Instrumentalsoli und Duos, nutzt Saunders als Module in Raumkompositionen und Konzertinstallationen. Das umfasst neben „Chroma“ (2003–21) die Konzertcollage „Rockaby“ (2017–24) für fünf Instrumente und 200 Spieluhren, in der Saunders eigene Kompositionen wie „Blaauw“ (2004) für die Doppeltrichter-Trompete von Marco Blaauw oder „Breath“ (2020) für zwei Violinen zu einer räumlichen Konzertinstallation arrangiert, bei der die Solostücke sowohl räumlich positioniert als auch in zeitlichen Abfolge mit Überlagerungen zusammengestellt werden. Die Spieluhren sind dabei ein Texturklang, der durch zahlreiche gleichzeitig aber nicht synchronisiert spielende Melodien entsteht. Sie werden von Musizierenden ebenso wie vom Publikum ausgelöst und sind entweder auf dem Boden verteilt oder als „Myriad“ in einer Wand-Skulptur angeordnet, die wiederum in der Konzertinstallation „Myriad II“ mit im Raum verteilten Soli gespielt werden. Ebenso setzt sie die Musikcollage mit optionalem Tanz „Hauch“ (2021) aus verschiedenen Instrumentalsoli zusammen, die mit Tanzsoli verwebt werden. Wiederholt arbeitete Saunders seit „Insideout“ (2003) mit Choreografinnen wie Sasha Waltz zusammen und entwickelte dabei die räumlichen Aspekte im Zusammenspiel von Tanz und Musik. Ihr Musiktheater „Lash“ wird 2025 an der Deutschen Oper Berlin uraufgeführt. 

Als Britin studierte Rebecca Saunders (*1967) bei Nigel Osborne in Edinburgh und bei Wolfgang Rihm in Karlsruhe bevor sie sich in Berlin niederließ. Sie unterrichtet seit 2010 regelmäßig bei den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt und hält weitere Meisterkurse. Mit Orchestern arbeitet sie intensiv zusammen, unter anderem während ihrer Residenzen als Capell-Compositrice der Staatskapelle Dresden 2009/10 oder als Composer in Residence am Konzerthaus Dortmund 2005/06. 

Sie war 2019 die erste Komponistin, die mit dem Ernst von Siemens Musikpreis ausgezeichnet wurde, zudem 2024 mit dem Goldenen Löwen für Musik der Biennale von Venedig. Unter anderem wurde sie mehrfach mit dem Preis der Royal Philharmonic Society und den British Composer Awards geehrt und erhielt den Mauricio-Kagel-Musikpreis der Kunststiftung NRW. Eine Ehrendoktorwürde verlieh ihr die Universität Huddersfield. Saunders ist Mitglied der Berliner Akademie der Künste, der Sächsischen Akademie der Künste in Dresden und der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.
 

Stand: März 2025