
Ensemble der Umewaka Kennōkai Foundation Tokio. Totengeist im zweiten Teil des Nō-Spiels „Koi no omoni“ (Die Last der Liebe) mit Umewaka Manzaburô III © Okutsu Kentarô, 2019
Das Nō-Theaterensemble der Umewaka Kennōkai Foundation setzt sich aus der Gruppe der Shite-Hauptdarsteller der Umewaka-Familie sowie Waki-Nebendarstellern, Kyōgen-Zwischenspielern und vier Instrumentalisten aus jeweils eigenen Spielerfamilien zusammen.
Die Umewaka-Familie selbst zählt zu den ältesten Nō-Schauspielerfamilien Japans. Die Genealogie der Familie lässt sich bis in die Nara-Ära des 8. Jahrhunderts zurückverfolgen.
Ein Nachkomme in 9. Generation mit Namen Umezu Tomotoki 梅津友時gilt als erster namentlich bekannter Schauspieler der Familie. Während der Muromachi-Zeit (15./16. Jh.) wirkte ein Nachkomme in 37. Generation, ein Schauspieler namens Kagehisa 景久in einer Aufführung des Nō-Spiels Ashikari am Kaiserhof mit. Als Auszeichnung erhielt er die Erlaubnis, den Familiennamen Umezu unter Verwendung des Schriftzeichens waka 若in „Umewaka“ 梅若 zu ändern. In der Zeit der Bürgerkriege des späten 16. Jahrhunderts dienten die Schauspieler der Umewaka-Familie dem Fürsten Oda Nobunaga (1534 – 1582) und wurden anschließend auch von Shōgun Tokugawa Ieyasu (1542 – 1616) mit Wohlwollen aufgenommen. Seit Shōgun Tokugawa Iemitsu (1604 – 1651) erhielt die Umewaka-Familie das Recht zugesprochen, die Rollen der Tsure-Begleitspieler bei Aufführungen der Kanze-Schule, der Hauptschule des Nō-Theaters, zu übernehmen. Dieses Privileg galt bis zum Ende der Edo-Zeit (1867).
In der Umbruchzeit der Meiji-Ära (1868 – 1912) übernahm anstelle der bis dahin führenden Kanze-Schule, die sich im Gefolge der entmachteten Tokugawa-Fürstenfamilie nach Sunpu (in die heutige Stadt Shizuoka) zurückgezogen hatte, Umewaka Minoru (1828 – 1909) die Geschicke des Nō-Theaters. Er führte in Tokio den Spielbetrieb weiter und trug entscheidend mit dazu bei, die alte Tradition in die moderne Zeit hinüberzuretten und zu einer allgemein zugänglichen Bühnenkunst zu machen. Er wird bis heute zusammen mit Hōshō Kurō (1837 – 1917) und Sakurama Banma (1836 – 1917) als einer „Drei Nō-Großmeister der Meiji-Ära“ bezeichnet.
Sein ältester Sohn Umewaka Manzaburō (1869 – 1946) musste die Fortführung der Familientradition seinem jüngeren Bruder Rokurō (1878 – 1959) überlassen. Er trennte sich von der Kanze-Schule und gründete seinen eigenen Schulzweig. Durch seinen eindrucksvollen Darstellungsstil konnte auch er sich den Ruf eines Nō-Großmeisters erwerben. Ein Jahr, nachdem sein vierter Sohn Masayo das Familienerbe angetreten hatte, wurde 1928 als Organisation für die Schülerschaft von Meister Manzaburō die Umewaka Kennōkai Foundation gegründet, die bis auf eine durch den Zweiten Weltkrieg bedingte Unterbrechung bis heute regelmäßig monatliche Nō-Aufführungen veranstaltet.
1948 erbte Masayo den Namen seines Vaters und nannte sich nun Umewaka Manzaburō II (1908 – 1991). 1954 trat der Manzaburō-Zweig zwar wieder der Kanze-Schule bei, behielt aber in vielen künstlerischen Fragen seine Eigenständigkeit. Manzaburō II stellte sich aktiv der Herausforderung, Nō auch im Ausland zu präsentieren. 1967 fand eine erste große Europa-Tournee statt, bei der das Ensemble in dem heute unvorstellbar langen Zeitraum von zwei Monaten in neun Ländern (Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, Portugal, Polen, Belgien, Frankreich und England) gastierte. 1969 folge bereits eine zweite, diesmal 20-tägige Tournee durch Frankreich, Belgien, Österreich, Holland und die Schweiz. Und wiederum zwei Jahre später, im Frühsommer 1970, gastierte das Ensemble von Umewaka Manzaburō II erstmals auch in Deutschland, u. a. in Köln.
Nach einer weiteren Gastspielreise nach England im Jahre 1973 erreichte das Umewaka-Ensemble auf Einladung des Internationalen Instituts für Vergleichende Musikstudien und Dokumentation und mit Unterstützung der Japan Foundation im Spätsommer 1975 erstmals auch Berlin, wo zwei viel beachtete Aufführungen in der damaligen Freien Volksbühne stattfanden.
Nach dem Tod von Manzaburō II im Jahre 1991 stehen sein ältester Sohn Makio (*1941, der nun den Namen Manzaburō III trägt) und dessen jüngerer Bruder Masaharu (*1945) an der Spitze der Umewaka Kennōkai Foundation. Beide zusammen engagieren sich weiterhin sehr aktiv für die Durchführung von Nō-Aufführungen im In- und Ausland.
Stand: Juli 2019