Sofia Gubaidulina

Zu den wichtigen Ereignissen der jüngeren Musikgeschichte gehört das erstmalige Auftreten sowjetischer Komponist*innen in der westlichen Welt in den 1980er Jahren. Eines der ersten Werke, die damals ein internationales Publikum beeindruckten, war das von dem Geiger Gidon Kremer bekannt gemachte Violinkonzert „Offertorium“ von Sofia Gubaidulina (geboren 24. Oktober 1931).

Sofia Gubaidulina schreibt eine Musik, die den Hörer sofort zu erreichen vermag. Tief in der Tradition wurzelnd verwendet sie die Klangmittel der Avantgarde ebenso wie Elemente, die aus der tonalen Musik vertraut sind, um dramatische Verläufe von großer Überzeugungskraft und Anschaulichkeit zu schaffen. Fast alle ihrer Werke setzen allgemeine, außermusikalische Vorstellungen um, die öfter schon in den Titeln der Stücke wie „Pro et Contra“, „Die sieben letzte Worte“ oder „Über Liebe und Hass“ angesprochen werden. Dabei sind viele Kompositionen der bekennenden Christin Gubaidulina vor einem religiösen Hintergrund zu verstehen. In jüngerer Zeit spielen oftmals Ordnungsmuster, die auf einfachen Zahlenverhältnissen beruhen, für den Aufbau ihrer Stücke eine wichtige Rolle.

Sofia Gubaidulina stammt aus der tatarischen Republik und studierte zunächst in Kasan und später in Moskau bei einem Assistenten Dmitri Schostakowitschs. Seit 1963 als freischaffende Komponistin tätig, nahm sie Anregungen der neuen Musik westlicher Prägung auf, was mit der Doktrin des Sozialistischen Realismus nicht vereinbar war. Sofia Gubaidulina wurde deshalb in der Sowjetunion Opfer staatlicher Repression und ihre Werke unterdrückt. 1979 erschien ihr Name auf einer „Schwarzen Liste“ besonders unliebsamer Komponisten. Immerhin blieb es ihr erlaubt, Filmmusiken zu schreiben und so ihren Lebensunterhalt zu sichern. Durch den internationalen Erfolg ihrer Werke ergaben sich dann vielfältige neue Kontakte in den Westen. Seit 1992 lebt Sofia Gubaidulina in der Nähe von Hamburg. Mit einem imponierenden Œuvre ist sie inzwischen eine der am häufigsten aufgeführten Komponist*innen unserer Zeit und hat zahlreiche Ehrungen in aller Welt erhalten. Sofia Gubaidulinas Produktivität ist ungebrochen. Allein seit 2015 wurde nahezu jedes Jahr ein neues, groß angelegtes Orchester- oder Chorwerk an prominenter Stelle aus der Taufe gehoben.

Stand: Juni 2020