Mittels transdigitaler Parcours und komplexer musikalischer Narrative spürt die deutsch-österreichische Komponistin Brigitta Muntendorf der Fragilität unserer technosozialen und gesellschaftspolitischen Wirklichkeit nach. Dabei entwickelt sie in ihren Arbeiten neue Konzepte des Radical Listening, Environmental Storytelling und des immersiven Theaters und spricht sich zugleich für mediale Sinnlichkeit sowie gemeinschaftliche Produktionsformen aus. Muntendorf etablierte den Begriff des Social Composing.
Mit instrumentalen, choralen und orchestralen Settings, audiovisuellen (AR-)Installationen sowie transdigitalem Musik-Tanztheater schafft sie einen Klangkosmos analog-digitaler Ausdrucksformen und postdigitaler Interpretation. Ihre künstlerische Forschung zu 3D-Audio und AI-Voice-Cloning findet in wissenschaftlich-künstlerischen Kooperationen mit Partnern wie d&b audiotechnik und S+T+ARTS / Ars Electronica statt.
In den letzten Jahren fokussierte sich Muntendorf auf große Bühnenformate. Mit „ARCHIPEL“ (2021) präsentierte Muntendorf in einer erneuten Zusammenarbeit mit der Choreographin Stephanie Thiersch ein Musik-Tanztheater für 40 Protagonist*innen sowie eine raumfüllende Klangskulptur des japanischen Stararchitekten Sou Fujimoto. Ihr Musiktheater „MELENCOLIA“ (2022, Muntendorf/Lobeck) für das Ensemble Modern, Chor, Live-Video und 3D-Audio wurde als erste Oper mit einer Honorary Mention des Prix Ars Electronica ausgezeichnet und erhielt die BKM-Spitzenförderung für besonders innovative Bühnenwerke. Muntendorfs abendfüllende 3D-Audio-Arbeit „ORBIT – A War Series“ für AI-Voice-Clones und Elektronik (2023) wurde von der internationalen Presse als „posthumanes, futuristisches und maßgebendes Space-Oratorium“ (La Repubblica) und als „eine überzeugende und eindrucksvolle Auseinandersetzung mit den Dramen des Krieges“ (Rolling Stone) hochgelobt. „ORBIT – A War Series“ ist eine Referenz an die amerikanische Künstlerin Nancy Spero und ihre Bilddarstellungen weiblicher Körper in oppressiven Machstrukturen und markiert den Beginn einer großangelegten 3D-Audio-Trilogie über systemische Gewalt.
Muntendorf erhielt zahlreiche Preise und Stipendien, besonders prägend waren Aufenthalte an der Cité internationale des arts in Paris, im SWR Experimentalstudio und in der Villa Kamogawa in Kyoto. Sie erhielt den Förderpreis der Ernst von Siemens Musikstiftung sowie den Deutschen Musikautor*innenpreis der Sparte Nachwuchs. 2023 wurde ihre „Trilogie für zwei Flügel“ (GrauSchumacher Piano Duo) mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. Ihre Reihe „Public Privacy“ wurde in über 30 Ländern aufgeführt.
Muntendorfs Werke wurden von zahlreichen internationalen Festivals eingeladen, unter anderen Festival d’Automne in Paris, Wiener Festwochen, Ruhrtriennale, Donaueschinger Musiktage, Warschauer Herbst, Münchener Biennale, PAN Music Festival in Korea, Time:Spans in New York, Musica Festival Strasbourg, ultima in Oslo, Art Share L.A., Onassis in Athen und Club Metro in Kyoto. Ihre audiovisuellen Installationen wie „COVERED CULTURE“ (Muntendorf/Lobeck) für 60 Sänger*innen und Performer*innen oder die Klanginstallation „||: Forest of Breath :||“ wurden im Duolun Museum of Modern Art in Shanghai, TPAM / BANKArtTemporary in Yokohama, LOOP Alt Space in Seoul, Kyoto Experiment und in der Kunsthalle Mannheim in Kollaboration mit dem Nationaltheater Mannheim ausgestellt.
Als langjährige künstlerische Leiterin des Ensemble Garage und des queer-feministischen Festivals Frau* Musica Nova (Deutschlandfunk) veranstaltete und produzierte sie zahlreiche Konzerte und Festivals. Sie erhält regelmäßig Einladungen internationaler Jurys, darunter die Kulturstiftung der Länder (Villa Massimo, Cité internationale des arts), IMPULS Neue Musik, Ars Electronica oder die Biennale Musica in Venedig. 2024 wurde sie als ordentliches Mitglied in die Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste aufgenommen. Seit 2018 ist sie Professorin für Komposition und Leiterin des Instituts für Neue Musik an der HfMT Köln.
Stand: November 2024