Richard Strauss, 1934

Richard Strauss, 1934 © Süddeutsche Zeitung Photo / Scherl

Richard Strauss

Von Richard Strauss (1864 – 1949) existieren viele, oft von Klischees beladene Bilder. Da gibt es den großbürgerlichen Familienmenschen, den Skat spielenden Spießbürger, den mehr als geschäftstüchtigen Selbstvermarkter, schließlich den politisch Naiven, der sich, auf seinen eigenen Vorteil bedacht, allzu bereitwillig von den Nationalsozialisten in Dienst nehmen ließ. Obwohl alle diese Bilder von Strauss’ bürgerlicher Existenz nicht falsch sind, überdecken sie das Wesentliche seiner künstlerischen Persönlichkeit. Strauss war ein Komponist des L’art pour l’art, des artifiziellen ästhetischen Spiels, und in seinen Opern ein Meister im Erschaffen künstlicher Welten.

Richard Strauss wuchs in einem professionellen musikalischen Milieu auf. Sein Vater war Mitglied der Münchner Hofkapelle und galt als einer der besten Hornisten seiner Zeit. Bereits mit Anfang 20 war Richard Strauss sowohl als Dirigent großer Orchester wie als Komponist hervorgetreten. Den musikalischen Vorlieben seines Vaters folgend hatte er sich stilistisch zunächst an Brahms orientiert und umfassendes handwerkliches Können erworben. Wie eine Initialzündung wirkte dann die 1885 einsetzende Auseinandersetzung mit den Werken und Schriften von Wagner und Liszt. 1888, im Alter von 24 Jahren, gelang Strauss mit dem „Don Juan“ das erste Meisterwerk seines Schaffens, dem eine Reihe großer Symphonischer Dichtungen und Opern folgte, unter denen „Salome“, „Elektra“ und „Der Rosenkavalier“ zum Kernrepertoire jedes größeren Opernhauses gehören. Der stetig zunehmende Erfolg dieser Werke ließ Strauss rasch zu einer der bedeutendsten Persönlichkeiten der Musikwelt aufsteigen, in Personalunion führender Komponist, international gefragter Dirigent und schließlich auch einflussreicher Musikfunktionär. Seit 1898 war Strauss in Berlin tätig, unter anderem als Hofkapellmeister, und wurde als exemplarischer Vertreter der Moderne angesehen. In der Berliner Zeit begann auch die fast zwei Jahrzehnte umfassende, künstlerisch hoch bedeutsame Zusammenarbeit mit Hugo von Hofmannsthal, der für Strauss die Libretti zu einer ganzen Reihe von Opern von „Elektra“ bis zur „Frau ohne Schatten“ schrieb. Die Oper rückte dabei eindeutig ins Zentrum von Strauss’ Schaffen.

Das Ende der preußischen Monarchie nach dem 1. Weltkrieg bedeutete eine Zäsur in Strauss’ Leben. Mit der Weimarer Republik konnte er sich nicht anfreunden, und so zog er es 1919 vor, nach Wien überzusiedeln, wohin er schon lange ausgezeichnete Kontakte besaß. In den 1920er Jahren änderte sich seine Position im Musikleben zusehends. Strauss, dessen Werke zwar passagenweise schärfste Dissonanzen enthalten, dabei aber nie den Boden der Tonalität verlassen, galt nun allmählich als Konservativer. Für die einen war er ein moderner Klassiker, für die anderen hoffnungslos veraltet. Strauss selbst blieb von diesen Einschätzungen unbeeindruckt. Der äußere Erfolg blieb ihm in jedem Fall erhalten, und so konnte es sich Strauss von 1924 an erlauben, auf feste Anstellungsverhältnisse zu verzichten.

Den Aufstieg der Nationalsozialisten sah Strauss als Chance für sich und das Umsetzen eigener Vorstellungen. Gern ging er auf die Avancen ein, die ihm gemacht wurden, und so ließ er sich 1933 zum Präsidenten der Reichsmusikkammer machen, zum formal höchsten Musikfunktionär des Landes. Die Rassenideologie der neuen Machthaber teilte Strauss aber nicht, und so kühlte das Verhältnis zwischen Regime und Komponist rasch ab. Als Strauss in einem von der Gestapo abgefangenen Brief an seinen emigrierten jüdischen Librettisten Stefan Zweig seine Ablehnung dieser Ideologie mit überaus deutlichen Worten formulierte, wurde ihm im Juli 1935 der Rücktritt von seinen Ämtern nahegelegt. Strauss zog sich in seine Villa nach Garmisch zurück, blieb aber der prominenteste deutsche Komponist und wurde weiterhin viel gespielt, bis hin zu Uraufführungen seiner Opern. Obschon Strauss selbst sein Lebenswerk mit der Oper „Capriccio“ (1942) eigentlich als beendet ansah, komponierte er weiter und schuf noch mehrere Instrumentalwerke. Diese in den allerletzten Lebensjahren entstandenen Werke gelten heute als ein Höhepunkt seines Schaffens. Richard Strauss starb am 8. September 1949.

Stand: Juni 2019