Luigi Cherubini (1760 – 1842) ist einer der Komponisten, deren Werke weitgehend aus dem Repertoire verschwunden sind, auch wenn sie sich im 19. Jahrhundert größter Anerkennung erfreuten. Dies hat auch mit seiner Stellung zwischen den Epochen zu tun. Stilistisch wurzelt Cherubini, vier Jahre nach Mozart geboren und 15 Jahre nach Beethoven gestorben, fest in der Klassik. Gleichzeitig ragt er deutlich in die Romantik hinein.
Cherubini wurde in Florenz als Sohn eines Cembalisten geboren und erhielt dort seine musikalische Ausbildung. Nachdem er sich ungewöhnlich intensiv mit der Kunst des Kontrapunkts beschäftigt hatte, fand er früh den Weg an die Opernbühnen seiner Heimatstadt. In den 1780er-Jahren suchte er den Erfolg in den großen Metropolen des Musiklebens, in London und Paris, und ließ sich 1788 schließlich in der französischen Hauptstadt nieder. Cherubini lebte in äußerst unruhigen Zeiten. Noch zu Zeiten des Ancien Régime kam er nach Paris, wo er Zeuge des Ausbruchs der Revolution und ihrer anschließenden Schrecken wurde, dann erlebte er den Aufstieg und Niedergang Napoleons, die Restauration und die Julirevolution von 1830. Diese so verschiedenartigen politischen Umwälzungen hatten tiefgreifende Auswirkungen auf die Institutionen des Musiklebens und dabei mittelbar oder direkt auch immer wieder auf ihn selbst. Trotzdem blieb Cherubini über Jahrzehnte hin eine der bestimmenden Persönlichkeiten des französischen Musiklebens. Neben seinem kompositorischen Schaffen erwarb er sich besondere Verdienste als langjähriger Leiter des berühmten Conservatoires, das unter seiner Ägide zum Vorbild für die europäischen Bildungsstätten wurde.
Seinen Ruhm begründete Cherubini in den 1790er-Jahren als Opernkomponist. Für ein gutes Jahrzehnt begeisterte er das Pariser Publikum ebenso wie Dichter und Intellektuelle in ganz Europa mit so genannten „Schreckens-“ oder „Rettungsopern“, in denen zu Unrecht Verfolgte auf wundersame Weise aus der Gewalt verbrecherischer Machthaber befreit werden und die Ideale von Mitmenschlichkeit und Solidarität über ungerechte Willkürherrschaft triumphieren. Der prominenteste, als einziger auf heutigen Bühnen lebendige Vertreter dieses einst sehr populären Operntypus ist Beethovens „Fidelio“, ein Werk, das tatsächlich von Cherubini beeinflusst ist. Mit dem Wandel des Geschmacks verlor Cherubini, der sich immer wieder Phasen von Missstimmung und schöpferischen Krisen ausgesetzt sah, seinen Rückhalt beim Publikum und er wendete sich allmählich von der Oper ab. Etwa von 1810 an fand er in der Kirchen- und Kammermusik ganz neue Schwerpunkte seines Schaffens. Während seine Produktivität als Komponist insgesamt nachließ, gelangen ihm auf diesem Feld noch bedeutende Werke, wobei vor allem die beiden Requiem-Kompositionen von 1816 (Requiem in c-Moll) und 1836 (Requiem in d-Moll) herausragen.
Stand: November 2024