Ruth Crawford Seeger

Die amerikanische Komponistin und Volksmusikforscherin Ruth Crawford Seeger (1901–1953) war eine der Exponenten der so genannten Ultra-Modernisten, einem Kreis avantgardistischer Komponisten in der Nachfolge von Charles Ives.

Ruth Crawford Seeger wurde am 3. Juli 1901 in einer Kleinstadt an der amerikanischen Ostküste geboren. Ihre Jugend verbrachte sie in Jacksonville, einer prosperierenden, aber kulturell provinziellen Stadt in Florida. Mit 17 Jahren begann sie dort als Klavierlehrerin zu arbeiten, bis ihre Eltern 1921 das Geld aufbrachten, sie in Chicago studieren zu lassen. Großen Einfluss übte auf sie die Pianistin Djane Herz aus, die sie in das Schaffen und die Gedankenwelt Alexander Skrjabins einführte.

1925 kam Ruth Crawford Seeger erstmals mit den Ultra-Modernisten in Kontakt und lernte Henry Cowell kennen, der sie maßgeblich förderte. Sie engagierte sich in mehreren Vereinigungen für Neue Musik und trat Ende der 1920er Jahre mit frei tonalen Kompositionen erstmals an die Öffentlichkeit. Im Herbst 1929 zog Ruth Crawford Seeger nach New York, um Unterricht bei dem Komponisten und Theoretiker Charles Seeger zu nehmen, der mit Cowell und Ruggles in engem Austausch stand. Seegers avantgardistische Ideen, insbesondere die des „dissonanten Kontrapunkts“, bei dem das traditionelle Verhältnis von Konsonanz und Dissonanz umgekehrt wird, gaben ihr entscheidende Anregungen für ihr Schaffen. Zwischen 1930 und 1933 entstanden mehrere Werke, die zu den bedeutendsten Kompositionen der Ultra-Modernisten gehören wie die Piano Study in Mixed Accents und vor allem das Streichquartett. Diese Werke entstanden zum Teil während eines Aufenthaltes in Berlin im Jahr 1930, der ihr durch ein Stipendium der Guggenheim Foundation ermöglicht wurde, das ihr als erster Komponistin überhaupt zuerkannt wurde.

Nach ihrer Rückkehr nach New York heiratete sie 1931 Charles Seeger. Gemeinsam mit ihm engagierte sie sich in der kommunistischen Arbeiterbewegung und zog 1936 nach Washington. Dort verlagerte sich der Schwerpunkt des Ehepaares von der avantgardistischen Musik zur Erforschung amerikanischer Volksmusik. Beide arbeiteten eng mit den Volksliedforschern John und Alan Lomax zusammen, die am Aufbau einer Volkslied-Abteilung an der Library of Congress beteiligt waren. Ruth Crawford Seegers autonomes Schaffen geriet dabei in den Hintergrund, so dass sie zwischen 1933 und 1952 nur noch zwei Werke komponierte. Sie starb am 18. Oktober 1953. Ihrer Familie entstammen mehrere Musiker, von denen ihr Stiefsohn Pete Seeger als einer der wichtigsten Vertreter des amerikanischen Folks besonders bekannt geworden ist.