Drei wesentliche Merkmale verleihen dem Schaffen des britischen Komponisten Thomas Adès (*1971) seine Individualität. Zunächst wurzeln seine Stücke tief in der musikgeschichtlichen Tradition vom 18. bis zum 20. Jahrhundert und gewinnen ihre Kraft aus diesem Bezug, ohne dass je historische Stile plump zitiert würden. Weiter positioniert sich Adès klar innerhalb der zeitgenössischen Musik, über deren Mittel und Techniken er souverän verfügt, grenzt sich aber von einer experimentellen Avantgarde ab. Schließlich eignet seinen Werken ein bestimmter Witz und eine geistvoll spielerische Grundhaltung, wie sie in der Musik der Gegenwart selten ist.
Der in London geborene Adès erhielt seine musikalische Ausbildung an der dortigen Guildhall School of Music and Drama und am King’s College in Cambridge, wo er unter anderem bei Alexander Goehr und Robin Halloway studierte. Eine zunächst ins Auge gefasste pianistische Karriere stellte Adès bald seinen kompositorischen Studien hintan, die schon früh ungewöhnliche Erfolge zeitigten. So wurde bereits 1993 die im Alter von 19 Jahren geschriebene Chamber Symphony op. 2, die sich produktiv mit Schönbergs Kammersymphonie auseinandersetzt, vom BBC Symphony Orchestra aufgeführt. Im gleichen Jahr begann seine Zusammenarbeit mit dem Hallé Orchestra in Manchester, der zahlreiche Kompositionsaufträge renommierter Orchester und Ensembles folgten. Inzwischen ist Adès mit Bühnenwerken wie der Kammeroper „Powder her Face“ (1995) und „The Tempest“ nach Shakespeare (2003) sowie mit großen Orchesterwerken und Solokonzerten einer der meistgespielten Komponisten unserer Zeit. Thomas Adès leitet zudem als Dirigent regelmäßig international führende Orchester, wobei er sich auch nachhaltig für das Schaffen von Komponistenkolleg*innen einsetzt.
Stand: Juni 2022