Aus dem Tritt geratende Rhythmen, mikrotonale Irritationen, melodische Verformungen – Arnulf Herrmann, geboren 1968, ist ein Meister der Gestaltung von beschädigten Texturen. Auf einer rein musikalischen Ebene schlägt sich dies in allmählichen Veränderungsprozessen von einmal eingeführten Modellen nieder, die anschaulich nachvollzogen werden können. Besonders eindringlich kommt Herrmanns spezifische Gestaltungsphantasie in Werken zum Tragen, die Angsterfahrungen und seelische Grenzsituationen thematisieren wie in dem 2012 im Rahmen der Münchener Biennale uraufgeführten Musiktheaterwerk „Wasser“ und der Oper „Der Mieter“, die auf einem von Roman Polanski verfilmten Text von Roland Topor basiert und 2018 an Frankfurter Opernhaus erstmals auf die Bühne gebracht wurde. In diesen beiden Stücken wie in seinen Orchester- und Ensemblewerken generell zeigt sich zudem Herrmanns glänzende Orchesterbehandlung und seine Fähigkeit zur wirkungsvollen, vielfältigen Instrumentation.
Der aus Heidelberg stammende Komponist kommt vom Klavier her und begann seine Studien an der Musikhochschule in München mit diesem Instrument, wechselte dann aber das Studium und konzentrierte sich in Dresden, Paris und Berlin ganz auf Komposition und Musiktheorie. 2003 war Arnulf Herrmann erstmals bei den Wittener Tagen für neue Kammermusik vertreten. Im folgenden Jahr begann er theoretische Fächer in Berlin an der Hochschule für Musik Hanns Eisler zu unterrichten. Herrmanns bisheriges Schaffen hat einen Schwerpunkt auf großen Orchester- und Ensemblewerken. Auf diesem Feld arbeitet er mit den führenden Kammerformationen für zeitgenössische Musik wie dem Ensemble Modern, dem Ensemble intercontemporain und dem Klangforum Wien zusammen und erhält Aufträge großer Orchester und Institutionen. Eine langjährige Zusammenarbeit verbindet Arnulf Herrmann mit dem österreichischen Schriftsteller Händl Klaus, der für ihn das Libretto zur Oper „Der Mieter“ verfasste. Neben anderen Auszeichnungen erhielt Herrmann im Jahr 2010 den Komponistenpreis der Ernst von Siemens-Musikstiftung. Seit 2014 ist Arnulf Herrmann Professor für Komposition in Saarbrücken.
Stand: Mai 2020