Die israelische Komponistin Chaya Czernowin schafft in ihren Werken analytisch und zugleich voller Erfindungsreichtum eine multisensorische Klangerfahrung, indem sie das Taktile und das Visuelle mit dem Klang verbindet. In dieser spekulativen Welt soll jedes Stück ein noch unbekanntes Feld der Existenz eröffnen: Nichts ist selbstverständlich, und das Risiko dient als Chance für unvorhersehbares Wachstum und Vitalität. Kennzeichnend für ihre Arbeit sind darüber hinaus die Verwendung von Metaphern, um unbekannte Klangwelten zu erschließen, sowie die Auseinandersetzung mit Geräuschen und physikalischen Größen wie Gewicht oder Oberflächenbeschaffenheit. Czernowins Opern, Orchester- und Kammermusikwerke, mit und ohne Elektronik, wurden weltweit aufgeführt. Zu ihren wichtigsten Stücken gehören das Orchesterstück „Maim“, „Hidden“ für Quartett und Elektronik, der Zyklus „The Wintersongs I–V“, die Opern „Pnima“, „Infinite Now“ und „Heart Chamber“ sowie neuere Stücke wie „The Fabrication of Light“, „Atara“, „Immaterial“ und „Seltene Erde“.
Czernowin erhielt ihre künstlerische Ausbildung an der Rubin Academy in Tel Aviv, bei Dieter Schnebel in Berlin sowie bei Brian Ferneyhough an der University of California. Nach Arbeitsstipendien in Tokio unterrichtete sie am IRCAM in Paris sowie am Yoshiro Irino Institut in Tokio. Von 2005 bis 2006 war sie Composer in Residence bei den Salzburger Festspielen, 2013 beim Lucerne Festival und 2021 beim Huddersfield Contemporary Music Festival. Als Professorin für Komposition wirkte sie an der University of California in San Diego sowie an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. An der Harvard University ist sie seit 2009 Walter Bigelow Rosen Professor of Music.
Czernowins Werk wurde unter anderem mit dem Kompositionspreis der Ernst von Siemens Musikstiftung, dem Deutschen Musikautor:innen Preis der GEMA, dem Guggenheim-Stipendium, dem Rockefeller Foundation Prize sowie dem Kranichsteiner Musikpreis der Darmstädter Ferienkurse ausgezeichnet. „Pnima“ (2000) und „Infinite Now“ (2017) wurden in der internationalen Kritiker*innenumfrage des Magazins Opernwelt zu den besten Uraufführungen des Jahres gewählt. Ihre CD „the quiet“ wurde mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. Sie ist Mitglied der Akademie der Künste, Berlin sowie der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und gehört dem Vorstand der Europäischen Musiktheater-Akademie an.
Stand: November 2024