
Jonathan Meese © Fotograf: Jan Bauer, Courtesy: Jonathan Meese
Jonathan Meeses bildnerisches Werk steht in der Tradition des Gesamtkunstwerks und umfasst Malerei, Skulptur, Installation, Performance, Zeichnung, Collage und Theaterarbeit. Bereits mit seiner Ausstellungsbeteiligung auf der 1. Berlin Biennale 1998 erfuhr sein Werk breite Anerkennung. In einer überbordenden Installation, in der sich die verschiedenen Materialien von Kopien, über Zeichnungen und Postern bis hin zu Faschingsmasken wie in einem Kinderzimmer über alle Teile des Raumes ergossen, feierte er unterschiedslos Helden und Antihelden der Weltgeschichte, der Mythologie, des Films und der Populärkultur. Schon hier wurde klar: Meese ist ein Weltenwerker. Unablässig baut, formt und malt er an einem großangelegten Entwurf der Herrschaft der Kunst.
Der Gedanke des Gesamtkunstwerks, der ausgeprägte Aspekt des Performativen, sowie die Vorstellung der Kunst als Gegenwelt, als „Diktatur der Kunst“, verbinden Meeses Werk von Anfang an mit dem Theater. Seine raumgreifenden Installationen zeigen früh die Begabung zur bühnenhaften Inszenierung. Und so wird Meese 1998 erstmals von Leander Haußmann eingeladen, ein Szenenbild für seinen Film Sonnenallee zu gestalten. 2004 bitten ihn Bert Neumann und Frank Castorf an die Berliner Volksbühne. Dort entwickelte er in den folgenden Jahren Bühnenbilder für Pitigrillis „Kokain“ (2004) und drei weitere Stücke. In einzigartiger Weise verband Meese dort Malerei, Skulptur und Installation. Gattungen, die er bis heute zwar getrennt bearbeitet, sie aber zunehmend zu einem „einzigen unübersehbaren Gebilde, gleichermaßen Manuskript, Bühne, Situation und Garderobe“ (Roberto Ohrt) zusammenfügt. Jonathan Meese verwirklicht sich darin den Traum einer grenzenlosen Kunst.
In einer performativen Theaterskulptur mit dem Titel „DE FRAU“, führte Jonathan Meese erstmals Regie. Er verführte die Schauspieler zum freien Spiel, in das jeder ohne Vorgabe eingreifen konnte, und entfachte damit eine kleine Revolution an dem Ensemble-erprobten Haus. Weitere Bühnenbilder entstanden für Wolfgang Rihms Oper „Dionysos“, die auf den Salzburger Festspielen 2010 unter der Regie von Pierre Audi uraufgeführt wurde und, ebenfalls unter Audi, die Barockoper „Médée“ von Marc-Antoine Charpentier am Théâtre des Champs Elysées in Paris 2012.
Erste Berührung mit Richard Wagners „Parsifal“ hatte Jonathan Meese 2005 durch die Einladung der Berliner Staatsoper Unter den Linden. Parallel zur Inszenierung des „Parsifal“ im großen Haus performte er insgesamt fünf Mal auf eigener Bühne im Depot der Staatsoper. Hier, unterhalb des eigentlichen Bühnenraums, erspielte sich Meese seine eigene Version der Oper, in der er Bühnenbildner und einziger Akteur in Personalunion war. Nach einer gescheiterten Einladung in den wagnerianischen Musentempel in Bayreuth für 2016 brachte der Künstler 2017 mit „MONDPARSIFAL ALPHA 1–8“ (Wiener Festwochen) und „MONDPARSIFAL BETA 9–23“ (Berliner Festspiele) erstmals eine Oper auf die große Bühne und war dabei in Personalunion für Regie, Bühne und Kostüm verantwortlich.
Stand: April 2018