Genau wie sein Lehrer und späterer Freund Thomas Tallis ist William Byrd (um 1539/40–1623) für seine Zeit sehr alt geworden. Beide waren auch als Unternehmer miteinander verbunden, nachdem Königin Elisabeth I. ihnen 1575 das exklusive Recht zur Publikation von Notendrucken eingeräumt hatte, das Byrd nach Tallis‘ Tod alleine ausübte – allerdings ohne durchschlagenden Erfolg. Und ebenso wie Tallis erfreute sich auch Byrd höchster königlicher und adeliger Protektion. Dies war auch deshalb nötig, weil Byrd inmitten der religiösen Umwälzungen der Epoche hartnäckig am überkommenen Katholizismus festhielt, weswegen er immer wieder mit der Obrigkeit in Konflikt kam. Der größte Unterschied besteht auf künstlerischem Gebiet. Denn Byrd, der schon seine Ausbildung in der königlichen Hofkapelle erhielt, in die er dann als reifer Mann wieder eintrat, war nicht nur Angehöriger einer anderen Generation, die an der Epochenschwelle zur tonalen Musik um 1600 stand, sondern der viel universellere Musiker. Byrd hat nicht nur bedeutende Kirchenmusik für die anglikanische Staatskirche und für die unterdrückten katholischen Gottesdienste hinterlassen, sondern war auch der zentrale Meister der Musik für das Virginal, einer englischen Vorform des Cembalos. Sein Schaffen für das Virginal ist so umfangreich wie vielfältig, wobei das Formmodell von langsamer Pavane und rascher Gagliarde herausragt, auf das Byrd in einer großartigen Werkgruppe immer wieder zurückgekommen ist.
Stand: September 2021