Luigi Nono

Luigi Nono © Archivo Storico Ricordi

Luigi Nono

Luigi Nono wurde 1924 in eine venezianische Familie von Künstlern und Juristen geboren und empfing eine humanistische Bildung. Weit gespannte künstlerische, literarische und philosophische Interessen sollten später auch für den reifen Komponisten charakteristisch sein. Nonos Vater war mit Gian Francesco Malipiero befreundet, dem Direktor des Konservatoriums von Venedig, und dieser sorgte für die Förderung der kompositorischen Talente des Heranwachsenden. Insbesondere brachte er Nono mit dem ein wenig älteren Komponisten und Dirigenten Bruno Maderna zusammen. Zwischen beiden entwickelte sich eine dauerhafte und künstlerisch hoch produktive Freundschaft. Von 1946 an beschäftigten sie sich mit der unter dem Faschismus unterdrückten neuen Musik, zumal mit der Schönbergschule. Malipiero regte Maderna und Nono auch an, im Sommer 1948 einen Dirigierkurs bei Hermann Scherchen zu besuchen, eine Begegnung, die für Nono musikalisch und politisch immens wichtig wurde. Scherchen förderte Nono und Maderna für einige Jahre wie ein Mentor und empfahl Nono bei den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik. 1950 nahm Nono erstmals an diesen Kursen teil, in deren Rahmen seine „Variazioni canoniche“ uraufgeführt wurden, die eine heftige Kontroverse auslösten. Wenn die musikalische Avantgarde der 1950er Jahre überhaupt ein Zentrum hatte, dann waren es die Darmstädter Ferienkurse und rasch entwickelte sich Nono hier zu einer der Schlüsselfiguren neben Pierre Boulez und Karlheinz Stockhausen. Bis 1959 nahm er in jedem Jahr an den Ferienkursen teil, ab 1957 als Dozent.

Die 50er Jahre brachten weitere Veränderungen in Nonos Leben. 1955 heiratete er die Tochter Arnold Schönbergs, Nuria. Drei Jahre zuvor war er in die Kommunistische Partei Italiens (KPI) eingetreten, in der er aktiv und tatkräftig mitarbeitete. Nono stand mit seinem Engagement für die KPI nicht allein da, Künstler und Akademiker waren in der von Intellektuellen geführten Partei hoch willkommen. Anders als die kommunistischen Parteien in anderen westeuropäischen Ländern war die KPI keine marginale Splittergruppe, sondern eine ernst zu nehmende politische Kraft, die 1976 die zweitstärkste Fraktion im italienischen Parlament stellte. Nono nahm seine Parteimitgliedschaft sehr ernst, intensivierte seinen Einsatz von den 60er Jahren an erheblich und ließ sich 1975 sogar ins Zentralkomitee der KPI wählen.

Den internationalen Durchbruch als Komponist brachte 1956 die Uraufführung der Kantate „Il canto sospeso“, in der Nono Briefe zum Tode verurteilter europäischer Widerstandskämpfer vertonte. In diesem Werk wie in seinem ganzen Schaffen dieser Phase vereinigt Nono eine kompromisslos avantgardistische Musik mit konkreten politischen Aussagen. Von 1960 an machte er sich die Möglichkeiten der elektronischen Musik zu Nutze. Beinahe alle der bis 1975 geschriebenen Kompositionen verwenden in vielfältiger Weise im Studio hergestellte Tonbänder, die oft auf Alltagsgeräuschen von Industrielärm bis zu politischen Parolen basieren. Mit dem schwer in Gattungszusammenhänge einzuordnenden Bühnenwerk „Al gran sole carico d’amore“ (UA 1975) zog er eine vorläufige Summe seines Schaffens. Danach verstummte der Komponist für einige Jahre und stellte sich und sein Künstlertum radikal in Frage. Das Ergebnis dieses Reflexionsprozesses war das Spätwerk der 1980er Jahre, das in der 1984 uraufgeführten Oper „Prometeo“ kulminierte. Die Jahre 1986 bis 1988 verbrachte Nono als Gast des DAAD und Mitglied des Wissenschaftskollegs in Berlin. 1988 widmeten die Berliner Festwochen Luigi Nono ein Komponistenportrait. „La lontananza utopica nostalgica futura“ ist noch im Auftrag der Berliner Festwochen entstanden und von Godon Kremer im Kammermusiksaal der Philharmonie uraufgeführt worden. Im Sommer 1989 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand rapide. Luigi Nono starb am 8. Mai 1990 in seiner Heimatstadt Venedig, wo er auch beigesetzt wurde.

Stand: Juni 2017