Julius Eastman (1940-1990) war ein afroamerikanischer Komponist, Pianist, Sänger und Tänzer. Er wuchs in Ithaca, Bundesstaat New York auf. Dort begann er im Alter von 14 Jahren mit dem Klavierunterricht, besuchte zunächst das Ithaca College und wechselte dann an das Curtis Institute of Music, wo er Klavier mit Mieczyslaw Horszowski und Komposition mit Constantin Vauclain studierte. Sein Debut als Pianist fand 1966 in der Town Hall in New York City statt. Er hatte auch eine tiefe und extrem flexible Gesangsstimme, wovon heute noch eine Aufnahme seiner Interpretation von „Eight Songs of a Mad King“ des Britischen Komponisten Peter Maxwell Davies von 1973 bei Nonesuch zeugt. Sein Talent machte den Komponisten und Dirigenten Lukas Foss auf ihn aufmerksam, der Eastmans Musik mit dem Brooklyn Philharmonic Symphony Orchestra aufführte.
Eastmans Musik folgte wie er es nannte einem „organischen“ Prinzip, demzufolge jeder neue Abschnitt eines Werkes alle Informationen der vorangegangenen Abschnitte enthalten sollte, auch wenn manchmal „die Informationen schrittweise und nach logischen Prozessen folgend ausgelassen werden können“. Dieses Prinzip findet sich in den um 1979 entstandenen Werken für vier Klaviere realisiert, in „Evil Nigger“, „Crazy Nigger“ und „Gay Guerilla“. In letzterem verwendet er Martin Luthers Hymne „A Mighty Fortress Is Our God“ im Sinne eines Schwulen-Manifests. Seine Komposition „Stay On It“ von 1973 gilt als einflussreiches frühes postminimalistische Stück, das Einflüsse aus der populären Musik integrierte.
1970 schloss sich Eastman dem Center for the Creative and Performing Arts in Suny Buffalo an, wo er auf den tschechischen Komponisten, Dirigenten und Flötisten Petr Kotik traf. Eastman und Kotik traten Anfang bis Mitte der 70er Jahre häufig gemeinsam auf. Eastman war Gründungsmitglied des S.E.M. Ensemble, für das er zahlreiche Werke komponierte und aufführte. 1980 wurde seine Komposition für Stimme und Cello Ensemble „The Hoy Presence of Jeanne d’Arc“ in The Kitchen, New York gespielt und 1986 verwendete die Choreografin Molissa Fenley sein Werk „Thruway“ für ihre Arbeit „Geologic Moments“ an der Brookly Academy of Music. Als Sänger war er, als Mitglied in Meredith Monks Ensemble, an ihrem erfolgreiches Album „Dolmen Music“ (1981) beteiligt.
Mangelnde adäquate beruflichen Möglichkeiten und seine zunehmende Alkohol- und Drogensucht nach 1983, bewirkten, dass Eastman sein Leben zunehmend entglitt. Er hatte zwar an der Universität von Buffalo gelehrt, jedoch nicht sehr erfolgreich, und eine Job-Zusage der Cornell Universität zerschlug sich. Er wurde aus seiner Wohnung gewiesen und sein Hab und Gut, darunter auch seine Partituren, von der Polizei beschlagnahmt. Eastman war gezwungen im Tompkins Square Park zu leben. Er versuchte sich noch an einem Comeback, erlag jedoch im Millard Fillmore Hospital in Buffalo an Herzversagen. Julius Eastman war so wenig im dem öffentlichen Bewusstsein präsent, dass keine öffentliche Bekanntgabe seines Todes erfolgte. Erst am 22. Januar 1991, acht Monate nach seinem Tod, verfasste Kyle Gann einen Nachruf in der Village Voice.
Stand: Januar 2017