Bernd Alois Zimmermann © Erben Zimmermann
Bernd Alois Zimmermann war ein Einzelgänger der Avantgarde. 1918 in Köln geboren war Zimmermann als junger Mann im Deutschland der nationalsozialistischen Diktatur von den Entwicklungen der Neuen Musik abgeschnitten. Auch nach dem Krieg, als über 30jähriger, gehörte er nicht zu der Generation jüngerer Komponisten um Karlheinz Stockhausen, Pierre Boulez und Luigi Nono, die ihr Zentrum bei den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik hatten. Sein entscheidender Durchbruch als Komponist gelang ihm so erst verspätet und bezeichnenderweise zu einer Zeit, als die tonangebende Bedeutung der Darmstädter Avantgarde spürbar im Abbröckeln begriffen war: 1965 mit der Uraufführung seiner Oper „Die Soldaten“ nach Jakob Michael Reinhold Lenz.
Bernd Alois Zimmermann empfing eine humanistische Bildung in einer katholischen Klosterschule. 1940, als er ein umfassendes musikalisches Studium gerade begonnen hatte, wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Nach Kriegsende nahm er das Studium, das nun vor allem der Komposition galt, wieder auf und schloss es 1947 ab. Für zehn Jahre war er als freischaffender Komponist tätig, bis er 1957 eine Professur in Köln übernahm. Zum Broterwerb schrieb er in dieser Zeit neben seinen autonomen Werken auch eine Fülle an Gebrauchsmusik, hauptsächlich für den Rundfunk, später auch für Bühne und Fernsehen. Auch wenn er selbst diesen Stücken keinerlei Bedeutung zumaß, konnte er hier doch sein Gespür für dramatische Wirkungen schärfen, das auch sein unabhängiges Schaffen auszeichnet.
1949 nahm Zimmermann erstmals an den Darmstädter Ferienkursen teil. Mit der dort propagierten seriellen Musik setzte er sich genau auseinander und empfing von ihr auch wertvolle Anregungen, aber letztlich blieb sein immer dem Gedanken des Expressiven, Ausdruckshaften verpflichtetes Schaffen dem reinen Strukturdenken der Darmstädter Schule fremd. Zimmermann blieb im folgenden Jahrzehnt in Darmstadt zwar stets mit Werken präsent, konnte sich dort aber nie als Komponist wirklich durchsetzen.
Mit einem anderen wesentlichen Aspekt seiner Musik eckte er in Darmstadt besonders an, weil er mit der Vorstellung von Tönen als reinem, geschichtslosen Material schlechthin unvereinbar war: dem collageartigen Komponieren mit verschiedenen Stilebenen und Zitaten. Dabei werden aber nicht einfach Zitate oder Stilzitate beliebig aneinandergereiht, vielmehr arbeitet Zimmermann höchst differenziert mit sich überlagernden und einander durchdringenden, oft semantisch aufgeladenen Schichtungen. Sein Werk erhält dabei eine ganz eigene, sich freien Assoziationen öffnende, fast surreale Qualität. Dieses Verfahren kulminiert in der Oper „Die Soldaten“, die unaufhaltsam auf eine finale Katastrophe zusteuert, einem Albtraum, in dem die Grenzen von Raum und Zeit aufgehoben werden und Lenz’ Drama der Goethezeit zur Gegenwart hin geöffnet wird. Obschon Zimmermann nach den „Soldaten“ endlich die ihm gebührende Anerkennung fand, stellten sich schwere gesundheitliche Probleme und Depressionen ein. Sie verschärften sich so sehr, dass der Komponist am 10. August 1970 unmittelbar nach Beendigung der Kantate „Ich wandte mich und sah an alles Unrecht, das da geschah unter der Sonne“ den Freitod wählte.