Wie sein fünf Jahre älterer Bruder Joseph erhielt Michael Haydn (1737–1806) seine grundlegende musikalische Ausbildung am Wiener Stephansdom, in der die Kirchenmusik im Zentrum stand. Nach einer 1757 angetretenen ersten Stellung in der entlegenen österreichischen Provinz ging Haydn 1763 nach Salzburg, wo er am Hof des Fürsterzbischofs als Geiger, genauer als „Concert-Meister“, angestellt war – fast im modernen Sinne, aber mit ständigen Komponierverpflichtungen. Salzburg wurde sein Lebensmittelpunkt, Haydn hat die Stadt kaum je verlassen. Zu seinen Kollegen dort gehörte Wolfgang Amadeus Mozart, mit dem er lebenslang befreundet war. Nach Mozarts Weggang nach Wien übernahm Haydn 1782 dessen Amt als Hoforganist.
Haydn war ein fleißiger, außerordentlich fruchtbarer Komponist, dessen stilistisch konservativ ausgerichtetes Schaffen sich nach den Bedürfnissen seiner wechselnden Dienstherren richtete. So dominierte unter seinen über 800 Kompositionen anfangs die Instrumentalmusik und später, von seinem Wechsel zum Hoforganisten an, die Kirchenmusik. Diese galt gegen Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts als maßstabsetzend. Kirchenmusikalische Werke Haydns waren im gesamten Donauraum immens weit verbreitet und wurden regelmäßig gespielt, sodass die Aufführungszahlen der Werke Michael Haydns diejenigen Mozarts oder seines älteren Bruders lange Zeit weit in den Schatten stellten.
Stand: April 2023