Boston Symphony Orchestra © Marco Borggreve
Das Boston Symphony Orchestra spielt 2022/2023 seine 142. Saison. 1881 gab es sein Gründungskonzert und verwirklichte damit den Traum seines Gründers, des Bürgerkriegsveteranen, Geschäftsmannes und Philanthropen Henry Lee Higginson, der sich für seine Heimatstadt Boston schon lange ein eigenes, bedeutsames Orchester gewünscht hatte. Heute erreicht das BSO Millionen von Zuhörern, nicht allein durch seine Konzertauftritte in Boston und in Tanglewood, sondern auch über das Internet, Radio, Fernsehen, Bildungsprogramme, Einspielungen und Tourneen. Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie hat das BSO die Streaming-Plattform BSO NOW ins Leben gerufen, die die Angebote des Orchesters einem weltweiten Publikum zugänglich macht.
Ein neues Kapitel in seiner Geschichte hat das Boston Symphony Orchestra im Mai 2013 aufgeschlagen, als es den jungen lettischen Dirigenten Andris Nelsons zum Musikdirektor ernannte, der sein Amt zur Saison 2014/2015 antrat. Nelsons, der jetzt in seiner neunten Saison an der Spitze des Klangkörpers steht, hat das BSO auf erfolgreiche Tourneen geführt, die gemeinsamen Aufnahmen wurden vielfach ausgezeichnet, u. a. bei den renommierten Grammy Awards. Als Musikdirektor in Boston und Kapellmeister des Gewandhausorchesters Leipzig hat Nelsons außerdem eine besondere Allianz seiner beiden Klangkörper geschmiedet.
Das Boston Symphony Orchestra vergibt Auftragsarbeiten an die wichtigsten zeitgenössischen Komponisten, und die Sommersaison in Tanglewood in den Hügeln von Berkshire in Massachusetts zählt zu den bedeutendsten internationalen Musikfestivals. Durch die BSO Youth Concerts schafft sich das Orchester auch ein zukünftiges Publikum und erreicht mit seinen Bildungsprogrammen ganz Boston und Umgebung. Während der Tanglewood-Saison betreibt es außerdem das Tanglewood Music Center, das als eine der besten Ausbildungsstätten für professionelle Nachwuchsmusiker angesehen wird. Die Boston Symphony Chamber Players, bestehend aus leitenden Musikern des BSO, sind in der ganzen Welt bekannt, und das Boston Pops Orchestra setzt Maßstäbe im Bereich der leichteren Muse.
Das Boston Symphony Orchestra gab sein Eröffnungskonzert am 22. Oktober 1881 unter der Leitung von Georg Henschel, der bis 1884 Dirigent des Orchesters blieb. Fast zwanzig Jahre lang fanden die Konzerte des BSO in der alten Boston Music Hall statt, bevor am 15. Oktober 1900 die Symphony Hall, einer der ehrwürdigsten Konzertsäle der Welt, eröffnet wurde. Auf Georg Henschel folgten die in Deutschland geborenen und ausgebildeten Dirigenten Wilhelm Gericke, Arthur Nikisch, Emil Paur und Max Fiedler, eine Entwicklung, die ihren Höhepunkt in der Ernennung des legendären Karl Muck fand, der das Orchester von 1906 bis 1908 und von 1912 bis 1918 leitete. 1915 unternahm das BSO seine erste Transkontinentalreise, als es bei der Panama-Pacific International Exposition in San Francisco dreizehn Konzerte gab. Auf Henri Rabaud, Dirigent seit 1918, folgte ein Jahr später Pierre Monteux. Diese Personalentscheidungen markieren den Beginn einer französischen Tradition, die auch während der Amtszeit des in Russland geborenen Serge Koussevitzky (1924-1949) durch das Engagement vieler in Frankreich ausgebildeter Musiker fortgesetzt wurde. 1936 dirigierte Serge Koussevitzky das Orchester bei den ersten Konzerten in den Berkshires; ein Jahr später bezog er mit seinen Musikern die Sommerresidenz in Tanglewood. Serge Koussevitzky war ein leidenschaftlicher Verfechter von Major Higginsons Traum einer „guten ehrlichen Schule für Musiker“, der 1940 mit der Gründung des Berkshire Music Center (dem heutigen Tanglewood Music Center) Wirklichkeit wurde. Das Angebot in Tanglewood wurde im Sommer 2019 durch die erste Saison des Tanglewood Learning Institute im neuen Linde Center for Music and Learning erweitert, einem Mehrzweck-Gebäudekomplex mit zusätzlichen Konzert- und Probesälen.
Auf Serge Koussevitzky folgte 1949 Charles Munch, der das BSO auf seine erste internationale Tournee führte. 1956 trat das BSO unter der Leitung von Charles Munch als erstes amerikanisches Orchester in der Sowjetunion auf. Erich Leinsdorf wurde 1962 Music Director, auf ihn folgte 1969 William Steinberg. 1973 wurde Seiji Ozawa 13. Music Director und beendete seine historische 29-jährige Amtszeit 2002, als er Ehrenmusikdirektor wurde. Nach der Normalisierung der Beziehungen zu China unternahm das BSO 1979 unter Seiji Ozawa als erstes amerikanisches Orchester eine Tournee auf das chinesische Festland. Der erste gebürtige Amerikaner in der Position des Music Directors war James Levine von 2004 bis 2011.
Bis heute verwirklicht und erweitert das Boston Symphony Orchestra die Visionen seines Gründers Henry Lee Higginson, den Einwohnern Bostons erstklassige musikalische Erlebnisse zu bieten.
Stand: November 2022