Felix Mendelssohn Bartholdy

Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847) ist eine der erstaunlichsten Frühbegabungen der Musikgeschichte. Mit neun Jahren trat er öffentlich als Pianist auf, im Alter von elf Jahren begann er kontinuierlich zu komponieren. Er war zwölf, als seine erste Komposition gedruckt wurde, und 15 Jahre alt, als seine 1. Symphonie erschien. Im Alter von 17 Jahren stellte er diesen imponierenden Beginn seines Schaffensweges noch weit in den Schatten. Denn mit dem Streichoktett in Es-Dur op. 20 und der Ouvertüre zu Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ gelangen ihm 1826 zwei von unwiderstehlichem Elan getragene Meisterwerke und der Durchbruch zu voller schöpferischer Individualität und Unverwechselbarkeit. Auch auf einem anderen Gebiet leistete schon der junge Mendelssohn Großes. Kurz nach seinem 20. Geburtstag, am 11. März 1829, leitete er die erste Aufführung der „Matthäuspassion“ von Johann Sebastian Bach seit beinahe hundert Jahren und gab der Wiederentdeckung der Werke Bachs damit einen entscheidenden Impuls.

Mendelssohns Begabung konnte sich unter denkbar günstigen Umständen entfalten. Er stammte aus einer hoch angesehenen, wohlhabenden jüdischen Berliner Familie. Sein Großvater war der berühmte Philosoph Moses Mendelssohn. Mendelssohns Vater, ein erfolgreicher Bankier, trat zum Protestantismus über, wobei der Familienname zu Mendelssohn Bartholdy geändert wurde. Die Eltern sorgten für eine vielseitige Ausbildung ihrer Kinder, und Mendelssohn erwarb sich neben seinen umfassenden musikalischen Studien eine imponierende Bildung. Als erwachsener Mann beherrschte er mehrere Sprachen fließend und verfügte auch über ein beachtliches zeichnerisches Können. Seine Schwester Fanny, die für Mendelssohn zeitlebens eine der wichtigsten Bezugspersonen war, besaß ebenfalls großes kompositorisches Talent. Zu den günstigen Bedingungen, in denen Mendelssohn aufwuchs, gehört auch die Stellung seiner Familie im kulturellen Leben Berlins. Im Hause Mendelssohn verkehrten zahlreiche Gelehrte, Musiker und Literaten, mit denen der Heranwachsende in Kontakt kam und denen er oft zeitlebens verbunden blieb.

So positiv die äußeren Umstände von Mendelssohns Leben waren, greift das Bild eines aller materiellen Sorgen enthobenen Künstlers, dem alles mühelos zufällt, zu kurz. Tatsächlich sind seine Leistungen Frucht angestrengter Arbeit und unermüdlichen Fleißes. Zudem war Mendelssohn ein außerordentlich selbstkritischer Komponist, der viele Pläne verwarf und zahlreiche Werke nicht beendete oder immer wieder bearbeitete. Ein anschauliches Beispiel für Mendelssohns Unzufriedenheit mit sich selbst bietet die „Italienische Symphonie“, die er trotz erfolgreicher Uraufführung zurückzog und mit deren Umarbeitung er sich immer wieder beschäftigte, ohne jemals zu einem wirklichen Abschluss zu kommen. Das Werk, das aus unserem Konzertleben gar nicht mehr wegzudenken ist, wurde so erst nach Mendelssohns Tod in einer Gestalt publiziert, die seinem Schöpfer nicht genügte.

Die Jahre zwischen 1829 und 1832 verbrachte Mendelssohn hauptsächlich auf ausgedehnten Reisen durch Europa. Besonders ertragreich waren seine Aufenthalte in Großbritannien, das er im Laufe seines Lebens insgesamt zehnmal bereiste. Hier fand Mendelssohn den Zuspruch eines enthusiastischen Publikums, knüpfte wertvolle Kontakte und empfing künstlerische Anregungen zu Werken wie der Ouvertüre „Die Hebriden“ und der „Schottischen Symphonie“. Nach einer kurzen Tätigkeit von 1833 bis 1835 als Musikdirektor in Düsseldorf ließ sich Mendelssohn 1835 in Leipzig nieder. Hier entfaltete er neben seinem kompositorischen Schaffen eine breite Wirksamkeit im Musikleben. So führte Mendelssohn das von ihm geleitete Gewandhausorchester zu ungeahnten Höhen, trat als Pianist auf und trieb energisch die Gründung eines Konservatoriums voran, das schließlich 1843 eröffnet wurde. Zusätzlich übernahm er mehrere Aufgaben im Dienste des preußischen Königs in Berlin und war häufig auf Konzertreise. Von der Überfülle selbst auferlegter künstlerischer und administrativer Pflichten fühlte sich Mendelssohn Mitte der 1840er Jahre zusehends belastet und ermüdet. Ein schwerer Schlag für ihn war der Tod seiner Schwester Fanny im Mai 1847. Mendelssohn überlebte sie nur um wenige Monate und starb am 4. November 1847. Beide Geschwister liegen in Berlin auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof am Halleschen Tor begraben.

Stand: Juni 2017