Die Theaterregisseurin und Filmemacherin Émilie Rousset erforscht Konzepte und Formen des theatralen und performativen Schreibens. Im Zentrum ihrer Untersuchungen steht das von Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen verwendete spezifische Vokabular und die Nähe zu Text und Ausdruck im theatralen Kontext. Mithilfe von dokumentarischen Recherchen und der Verwendung von Archivmaterial sammelt Rousset Schlüsselbegriffe sowie Wortfolgen und zeichnet den Verlauf unterschiedlicher Gedankengänge realer Personen auf. Diese choreografiert sie neu und kreiert Inszenierungen, Installationen und Filme, in denen Performer*innen einzelne Worte und Textpassagen wiedergeben. Dabei entsteht eine Überlagerung von Realität und Fiktion, in der keine Re-Interpretation des Originals stattfindet, sondern Original und Kopie ununterscheidbar werden.
Nach ihrem Regie-Studium am Théâtre National de Strasbourg arbeitete Rousset als assoziierte Künstlerin an der Comédie de Reims. 2014 entwickelte sie gemeinsam mit Maya Boquet am Grand Palais das performative Stück „Les Spécialistes“, das je nach Aufführungskontext umgeschrieben wird. In Ko-Direktion mit Louise Hémon führte sie Regie bei einer Reihe von Kurzfilmen: „Rituel 1: L'Anniversaire“, „Rituel 2: Le Vote“, „Rituel 3: Le Baptême de mer“, „Le dernier débat“ sowie beim Kurzfilm „Rituel 4: Le Grand Débat“, der auf Aufzeichnungen der im Fernsehen ausgestrahlten französischen Präsidentschaftsdebatten 1974 bis 2017 basiert. 2018 wurde im Rahmen des Festival d'Automne die Arbeit „Rencontre avec Pierre Pica“ präsentiert, die sich mit der Forschung des Linguisten Pierre Pica über die sprachlichen Besonderheiten der Indigenen Gemeinschaft der Mundurukú in Brasilien beschäftigt. Es folgten weitere Kollaborationen mit Louise Hémon und Maya Boquet.
Rousset ist aktuell als künstlerische Leiterin der Theaterkompanie John Corporation tätig.