
Alfred Schnittke © Eva Rudling
Alfred Schnittke wurde am 24. November 1934 in Engels, der Hauptstadt der damaligen Wolgadeutschen Republik, geboren. Seine musikalische Ausbildung begann 1946 in Wien, wo sein Vater, ein jüdischer Journalist und Übersetzer deutscher Abstammung, für zwei Jahre bei einer Zeitung arbeitete. Er erhielt Klavierunterricht, erlebte Opern- und Konzertaufführungen und unternahm erste Kompositionsversuche. Seit 1948 in Moskau wohnhaft, absolvierte Schnittke zuerst eine Ausbildung als Chordirigent. Von 1953 bis 1958 studierte er am Moskauer Konservatorium Komposition und Kontrapunkt (bei Jewgeni Golubew) sowie Instrumentation (bei Nikolai Rakow). Wesentliche Anregungen erhielt er durch den in Moskau lebenden Webern-Schüler Philipp Herschkowitsch.
Schon während seiner Aspirantur (1958 – 1961) trat Schnittke mit einem reichen kompositorischen Schaffen hervor. Von 1962 bis 1972 war er als Lehrer für Instrumentation am Moskauer Konservatorium tätig. Seit dieser Zeit veröffentlichte er zahlreiche musiktheoretische Arbeiten (über Probleme der zeitgenössischen Musik). Daneben war er auch als Filmmusikkomponist tätig. Seit 1975 wurden Schnittkes Werke bei allen wichtigen Festivals der neuen Musik gespielt, in den achtziger Jahren fanden sie Eingang in die Konzertprogramme führender internationaler Kulturorchester. Seinem Schaffen gewidmete Festivals und zyklische Aufführungen seiner Werke wurden u.a. in Moskau, Stockholm, London, Huddersfield, Wien, Berlin, Turin, Luzern, Hamburg und Köln präsentiert.
In den neunziger Jahren gehörte er in Europa zu den meistaufgeführten Komponisten seiner Zeit. Schnittke, der von 1989 bis 1994 als Professor an der Hamburger Musikhochschule Komposition unterrichtete, war Ehrenmitglied der Royal Academy of Music in London sowie der Freien Akademie der Künste in Hamburg, Mitglied der Königlichen Schwedischen Akademie für Musik in Stockholm, der Akademie der Künste in Berlin, der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München und der American Academy of Arts and Letters, New York. Mitte der fünfziger Jahre begann Schnittkes erste fruchtbare Schaffensperiode, die zwar deutlich von Schostakowitsch beeinflusst war, jedoch bereits erkennbar die Handschrift des späteren Meisters trug. Nach einer Phase der Zwölftönigkeit, deren Beginn etwa im Jahr 1963 anzusetzen ist, fand Schnittke mit seiner zweiten Violinsonate „quasi una sonata“ (1968) zur Polystilistik – einem Verfahren, bei dem heterogene Materialien und Stile, Tonales und Atonales, Vergangenes und Gegenwärtiges, Vertrautes und Verfremdetes einander durchdringen und in einen neuen Zusammenhang gebracht werden. Zu Beginn der neunziger Jahre schließlich nahm Schnittke davon Abstand. Seine Partituren wurden karger und ausgedünnter, seine Musiksprache herber und abstrakter. In den letzten Lebensjahren war er von schwerer Krankheit gezeichnet, dennoch gelang es ihm, eine 9. Symphonie zu vollenden. Alfred Schnittke verstarb am 3. August 1998.
Stand: Juni 2019