
Giacinto Scelsi wurde 1905 in Piteli bei La Spezia geboren. Seine Herkunft aus adligem, wohlhabendem Hause erlaubte ihm, finanziell unabhängig zu leben und ermöglichte ihm ausgedehnte Reisen, die sein Schaffen nicht unwesentlich beeinflussen sollten. Nachdem schon im Kindesalter Scelsis pianistisches Improvisationstalent aufgefallen war, genoss er eine musikalische Ausbildung, die jedoch nicht in erster Linie im akademischen Bereich stattfand. Aufführungen seiner Werke setzen 1931 ein. Im Rahmen seiner Studien mit selbst gewählten Mentoren beschäftigte er sich in den 1930er Jahren mit den prägenden musikalischen Strömungen der Moderne, zusammen mit Gioffredo Petrassi veranstaltete er 1937 Konzerte mit neuer Musik in Rom. In den vierziger Jahren durchlitt Scelsi eine schwere Lebens- und Schaffenskrise, bei deren Bewältigung ihm die intensive Beschäftigung mit dem spirituellen Gedankengut außereuropäischer Kulturen half. Unter diesem Einfluss begann er Anfang der 1950er Jahre – neben der Veröffentlichung von zahlreichen dichterischen Werken – mit der Ausformulierung seines eigenen musikalischen Idioms. Dabei sah er sich nicht als Tonsetzer, sondern als Medium, als Botschafter und Mittler zwischen verschiedenen Welten. Dem entsprach seine Arbeitstechnik: Seine nach intensiver spiritueller Vorbereitung selbst auf Tonband eingespielten Improvisationen ließ er von Kopisten transkribieren; die so entstandenen Partituren wurden dann nach seinen Anweisungen bearbeitet. Scelsis musikalischen Stil prägt das Bemühen um eine Musik, die über mikrointervallisches Kreisen, energetisches Strömen in der Zeit, klangfarbliche Licht- und Schattenspiele in das Innere des Tones vorstoßen sollte. Giacinto Scelsi verstarb 1988 in Rom.
Stand: Januar 2017