Josef Suk

Josef Suk (1874 – 1935) gehört zu den Komponist*innen der Moderne, deren Schaffen lange Zeit von der Musik Gustav Mahlers und Richard Strauss’ auf der einen und der Arnold Schönbergs und Igor Strawinskys auf der anderen Seite in den Schatten gestellt wurde und deren eigenständige Werke in jüngerer Zeit wieder für das Konzertleben entdeckt werden. Josef Suk wurde 1874 – im selben Jahr wie Arnold Schönberg und Charles Ives – in einem böhmischen Dorf als Sohn eines Lehrers geboren, der auch für die Kirchenmusik zuständig war und seinen Sohn auf eine Laufbahn als Geiger vorbereitete. Im früh begonnenen Studium am Prager Konservatorium trat Suks ungewöhnliche Doppelbegabung als Geiger und Komponist zu Tage. Nachdem er im letzten Studienjahr noch bei Antonin Dvořák studieren konnte, bevor dieser in die USA ging, gründete Suk 1892 mit drei Prager Kommilitonen als Sekundarius das Böhmische Streichquartett und veröffentlichte gleichzeitig als erstes Werk ein im Unterricht bei Dvořák entstandenes Klavierquartett. Das Böhmische Streichquartett entwickelte sich in kurzer Zeit zu einem berühmten Ensemble und gab über 40 Jahre hinweg Konzerte in ganz Europa.

Trotz der anstrengenden Konzertverpflichtungen entwickelte sich Suk auch als Komponist stetig weiter und fand im Ausgang von der Dvořák-Nachfolge zu einem zunehmend eigenen Ton, wobei er für das eigene Produzieren im Wesentlichen auf die Sommermonate angewiesen war, in denen das Konzertleben ruhte. Im Zentrum seines Schaffens standen schon früh Klavier- und Orchesterkompositionen und keineswegs die Violinmusik, wie man es bei seiner Profession erwarten könnte. Zu dem sich einstellenden Erfolg als Komponist trat privates Glück, 1898 heiratete Suk Dvořáks Tochter Otilie. Doch diese Phase währte nur kurz. 1904/05 musste Suk binnen eines Jahres den Tod erst seines Schwiegervaters und dann seiner Frau hinnehmen.

Suks bedeutendste Werke, fast alle für großes Orchester, stammen aus der Zeit nach dieser tiefen persönlichen Zäsur, angefangen bei der großen Symphonie „Asrael“ op. 27 (1905/06), die dem Andenken der beiden Verstorbenen gewidmet ist. Seine Musik wurde komplexer und konturenschärfer, auch zerrissener und dissonanter, gleichsam härter. Folkloristische Idiome spielen in diesen Stücken nur eine marginale Rolle. Neben diesen avancierten Werken, die dem außerordentlich selbstkritischen Komponisten immer mehr Mühe abverlangten und ihn über immer längere Zeiträume beschäftigten, entstanden in einem parallelen Strang seines Schaffens aber auch leichtgewichtigere und mit leichterer Hand komponierte Stücke, in denen Suk sich gerne von der Volksmusik inspirieren ließ. Von 1922 an war die zum eigenen Schaffen zur Verfügung stehende Zeit weiter eingeschränkt, denn Suk übernahm eine Meisterklasse für Komposition am Prager Konservatorium, die ihn zusätzlich beanspruchte, aber auch zum Vater einer ganzen, von Bohuslav Martinů angeführten Generation tschechischer Komponisten werden ließ.

Stand: Mai 2020