Jung An Tagen

Jung An Tagen (Stefan Juster) lädt uns zur Reflexion ein über den unscharfen, aber hartnäckigen Begriff „experimentell“. Dieser soll nicht als Abweichung einer ästhetischen Orthodoxie verstanden werden, sondern als Entwurf und Umsetzung kompositorischer Systeme, die unvorhersehbare Ergebnisse hervorbringen. „Elektronisch“ als Aufhebung der bisherigen instrumentalen Tradition und als gleichzeitige Rückkehr zu einer ästhetischen Offenheit. Als Fragmentierung einer theoretischen oder mythischen musikalischen Syntax durch obsessive Wiederholungen, sequenzielle motivische Mutationen, aleatorische Anordnungen, pareidolische Illusionen und Moiré-Effekte. „Elektronisch“ als ultimative Spaltung, Entmenschlichung, mechanische Fremdheit.

Stefan Juster hat seit zwei Jahrzehnten unter verschiedenen Pseudonymen Platten veröffentlicht und mehrfach mit Labels wie Editions Mego und Diagonal zusammengearbeitet. Er tritt unermüdlich auf Festivals wie Unsound (Krakau) oder Sonic Acts (Amsterdam) auf und erforscht dabei die Grenzen von Techno und dissoziativer Computermusik. Juster testet Strategien der physischen Desorientierung und eindringliche Klangphänomene, die Körper und Geist dazu anregen, ihre eigene Situiertheit in der Raumzeit zu berechnen und zu begreifen.

2020 gründet Jung das Netlabel ETAT.xyz. Lässt man jegliche Andeutungen expressionistischer Gesten außen vor, bleiben Form und abstrakter Klang, emotionale Verfremdung: „dissoziative, psychoakustische Computermusik“. Seit 2019 erarbeitet er gemeinsam mit dem Filmemacher Rainer Kohlberger audiovisuelle Performances, die den Wahrnehmungsapparat von Betrachtenden überwinden und das Publikum in die Gegenwart einer unmittelbaren Grenzenlosigkeit versetzen, in der die Grenzen zwischen Selbst und Welt verwischen. Jungs filmisches Werk steht ganz in der Tradition des abstrakt-konzeptionellen Experimentalfilms.

Stand: März 2024