© Folke Köbberling, Martin Kaltwasser
On a list of artists who could be considered for converting a car park into a playground, Martin Kaltwasser would be at the top. Martin Kaltwasser was a car hater; his work revolved almost exclusively around our society’s mechanism for self-destruction (without using fossil fuels). Kaltwasser converted cars into bicycles, exhibited the “green” smoking area in a corporate car park in Los Angeles at the International Garden Exhibition in Berlin, organised manifestations, shot Instagram spots for Fridays for Future, collaged car accidents out of wood, occupied space in the street with his SUV-sized buggy car and documented his lonely marathon through the exhaust fumes of Berlin’s traffic.
Kaltwasser ist leider 2022 beim Jogging im Tiergarten gestorben und wir können ihn nicht mehr bitten, ein großformatiges Autohasserspielgerät für Radical Playgrounds zu bauen. Dabei war er es, der gemeinsam mit Folke Köbberling genau hier auf dem Parkplatz am Gropius Bau 2005 eine 1:1-Kopie des vollautomatischen Einfamilien-Musterhauses errichtete, das die Telekom kurz zuvor an die Leipziger Straße gestellt hatte. Beide Künstler*innen erkannten sofort, was ein Einfamilienhaus als Hoffnungsträger unserer Zukunft in der Stadt für unsere Umwelt bedeutete: Ressourcenverschwendung, Zersiedelung, Straßenbau und die Etablierung des Autos als Verkehrsmittel der Zukunft. Das Musterhaus am Gropius Bau wurde daher radikal eigenhändig von Kaltwasser, Köbberling und Freund*innen aus akribisch gesammelten Materialien gebaut, die mit dem Lastenrad auf die Baustelle transportiert wurden. So stellten sie uns Menschen in das Zentrum ihrer Kunst – unsere Zukunft und unsere Körper.
Für das Kraftwerk Lohberg baute Kaltwasser zuletzt eine Fitnesshalle, in der mit Körperkraft Strom für verschiedene Veranstaltungen erzeugt wird. Diese Arbeit kann als Prototyp für die 2005 noch nicht umgesetzte technische Anlage des voll analogisierten, klimaneutralen Musterhauses am Gropius Bau angesehen werden. In Zusammenarbeit mit Freund*innen und Fans des verstorbenen Künstlers wurde für Radical Playgrounds aus alten Rädern und Lagermaterialien Kaltwassers ein Kraftwerk errichtet. Besucher*innen können durch Einsatz ihrer Körperkraft verschiedene Installationen des Geländes mit Strom versorgen. Collaboration, not Competition. Das hätte Kaltwasser gefallen.
Martin Kaltwasser(1965–2022) in Münster geboren, studierte Kunst in Nürnberg, lebte und arbeitete ab 1988 in Berlin. Disziplinübergreifend arbeitete er als Grenzgänger zwischen Architektur, Kunst und Aktivismus.