Performance
von Massimo Furlan mit Tanja Walther-Ahrens
Massimo Furlan, Ein Reenactment des WM-Fußballländerspiels DDR–BRD 1974 © Sandra Singh
Im Rahmen des Kunstparcours „Radical Playgrounds: From Competition to Collaboration“ präsentieren die Berliner Festspiele am 7. und 8. Juli Massimo Furlans Reenactment des historischen WM-Fußballspiels von 1974 zwischen der DDR und der BRD, das mit einem Ergebnis von 1:0 endete. Zum ersten Mal wird es nicht in einem Stadion nachgestellt, sondern auf der Niederkirchnerstraße zwischen Abgeordnetenhaus und Gropius Bau, wo einst die Berliner Mauer stand.
In dem Reenactment der 1974 ausgetragenen Fußball-Partie geht es um die Darstellung von sportlicher und gesellschaftlicher Asymmetrie. Das Spiel war das einzige direkte Duell der beiden deutschen Mannschaften bei einer Weltmeisterschaft. Da beide Teams sich bereits qualifiziert hatten, ging es hier vor allem um eine politische Begegnung zweier Länder, die sich erst vor kurzem gegenseitig anerkannt hatten. Das Spiel stellte eine Konfrontation von Stärke und Schwäche, von Arroganz und Unterschätzung dar sowie der unbewussten Trennungslinien. Ausgehend von diesen Aspekten fragen wir, wo die Linien der Asymmetrie heute liegen, in der Politik, im Sport, im Alltag, und beleuchten die Situation von Frauen und der queeren Repräsentation im Fußball.
Nur zwei Spieler*innen stellen das Spiel dar und ahmen die Bewegungen der Spieler nach: Massimo Furlan selbst als Sepp Maier und die Fußballerin, Aktivistin und ehemalige Spielerin vom 1. FFC Turbine Potsdam Tanja Walther-Ahrens als Jürgen Sparwasser. Zwei originale Radio-Kommentare begleiten die Partie und das Publikum kann sich zwischen diesen parallelen Realitäten in Ost und West hin- und herbewegen.
Diese Performance ist eine Feier der Vorstellungskraft. Die Idee entstand aus dem zerbrochenen Traum eines kleinen Jungen, dem es nicht gelang, ein berühmter Fußballspieler zu werden. Viele Kinder in aller Welt erleben dieselbe Geschichte, vor allem, weil der Fußball zunehmend kommerzialisiert wird. Massimo Furlan verlegte seine Hoffnungen in die Kunst.
Als Choreograf, wiederholte er die Bewegungen von Michel Platini, als er in den Parc des Princes einlief, von Zbigniew Boniek in Warschau oder von Sepp Maier im Münchner Olympiastadion. In der Kunst werden Träume wahr.
Kennen Sie die Geschichte? Hören Sie noch einmal hin.
Massimo Furlan (geb. 1965) ist ein in Lausanne lebender Choreograf, Schauspieler, Performer und Schriftsteller, der sich oft mit den Verbindungen zwischen dem Spiel als Wettkampf und dem freien Spiel beschäftigt.
Tanja Walther-Ahrens ist eine ehemalige Bundesliga-Spielerin, Sonderpädagogin, Sportwissenschaftlerin und Aktivistin. Sie ist heute immer noch eine leidenschaftliche Fußballerin in der Berliner Landesliga beim SV Seitenwechsel.