Vortrag
Vortrag der Präsidentin und Sprecherin der Asociación Madres de Plaza de Mayo
Einführung: Henrik Adler
Hebe de Bonafini © Asociación Madres de Plaza de Mayo
Sie gilt als das mahnende Gewissen Argentiniens: Hebe de Bonafini, Sprecherin und Präsidentin der Madres de Plaza de Mayo (Mütter des Mai-Platzes), hat drei ihrer sechs Kinder durch ein grausam blutiges Regime verloren. 30.000 Menschen wurden während der Militärdiktatur (1976–83) in Argentinien verschleppt, gefoltert und ermordet – bis heute werfen die Verschwundenen einen dunklen Schatten auf die Gegenwart des Landes.
1977 hat Hebe de Bonafini zusammen mit anderen Frauen ihren nunmehr fast 30jährigen Kampf gegen das Vergessen und für das Leben aufgenommen. Seitdem marschieren die Mütter jeden Donnerstag schweigend auf dem zentralen Platz in Buenos Aires, gedenken ihrer Töchter und Söhne und haben durch die stille Präsenz ihrer Körper die Forderung nach Aufklärung über das Schicksal der Verschwundenen immer lauter werden lassen. Ihre Sprecherin, die sich für kein politisches Amt hat vereinnahmen lassen, gilt als begnadete Rednerin und tritt mittlerweile weltweit als streitbare Aktivistin für Menschenrechte auf, denn längst ist der lange Marsch der Madres zu einer politischen Kraft geworden, die weit über Argentinien hinaus wirkt. Den Müttern ist es mit zu verdanken, dass die perfiden Methoden des Staatsterrorismus weltweit auch juristisch geächtet werden. Gegen die in ihrer Heimat erlassenen Amnestiegesetze, die eine Strafverfolgung der Täter verhinderten, leisteten sie erheblichen Widerstand. Erst 2005 wurden zwei dieser Gesetze durch Präsident Néstor Kirchner aufgehoben – für die 77jährige Hebe de Bonafini ein persönlicher Sieg des Lebens über den Tod und eine große Hoffnung für die Zukunft.
Die Madres de Plaza de Mayo sind mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden, u.a. 1992 mit dem Sacharow-Preis für geistige Freiheit und 1999 mit dem UNESCO-Preis für Friedenserziehung.