Vortrag

Karl Kardinal Lehmann

Was dagegen über allen Preis erhaben ist, das hat eine Würde

Zur Begründungsnot von Grundwerten
Vortrag des Kardinals
Einführung: Manfred Lahnstein

Karl Kardinal Lehmann

Karl Kardinal Lehmann © Bistum Mainz

Karl Kardinal Lehmann, 21 Jahre Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, war bis zum Frühjahr 2008 Gesicht und Stimme der katholischen Kirche in Deutschland. Der Bischof von Mainz, ein Streiter für die Ökumene, gilt als glaubensfroh und zuversichtlich. Der 1936 geborene Karl Kardinal Lehmann ist Professor der Philosophie und Theologie. Er sieht seine Kirche herausgefordert zur Vertiefung von Glaubenserfahrung und Glaubenswissen in einer pluralistischen und in vielem beliebig gewordenen Gesellschaft, er fordert mehr Mut zur missionarischen Seelsorge und stärkeren Einsatz für die Nöte in einer immer stärker von Globalisierung gezeichneten Welt.

Die Kirche dürfe die leibhaftige Präsenz und die Bodenhaftung bei den Menschen nicht verlieren: »Es braucht die klare Markierung, was wir als Kirche und als Christen wollen. Ich bin überzeugt: Die Gesellschaft braucht Christen dringender denn je.«

Dass große Institutionen wie die Kirchen an Mitgliedern und Integrationskraft verlieren, ist das eine, dass die Frage nach gesellschaftlicher Wertorientierung wächst, das andere. Immanuel Kant schreibt in seiner Metaphysik der Sitten, im Reich der Zwecke habe alles entweder einen Preis oder eine Würde: »Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes gesetzt werden, was dagegen über allen Preis erhaben ist, das hat eine Würde.« Kardinal Lehmann spricht, ausgehend von diesem Postulat Kants, über die Unzulänglichkeit des Wertbegriffs – und über seine Unersetzlichkeit.