Vortrag
Einführung: Manfred Lahnstein
Jesper Juul © Vanja Vucovic
Soll man die Kinder bedauern, oder beneiden, heute Kind zu sein? Nie war die Freiheit zu persönlicher Entfaltung größer als heute, nie größer aber auch der Leistungsdruck. Zwischen dauerhaft enttäuschenden PISA-Studien, Berichten über jugendliche Komasäufer und allgemeiner Verunsicherung der Eltern ist das Kind ein Problemfall geworden, dessen Lösung von größter gesellschaftlicher Bedeutung ist. Doch worin liegt sie – in altbekannter Strenge, oder dem Wegfall jeglicher Erziehung? Weder, noch – ist Jesper Juuls Antwort. Kinder seien von Geburt an sozial und emotional kompetent, aber sie bedürften der Hilfe der Eltern in ihrer Entwicklung.1979 gründete er das Kempler Instituttet für Familientherapie. 2007 kam Familylab hinzu, eine international tätige Elternberatung.
Jesper Juul (*1948) hat zahlreiche Ratgeber publiziert, beispielsweise Das kompetente Kind und Elterncoaching und schreibt regelmäßig für skandinavische und deutsche Printmedien. Seine Theorien begründen einen Paradigmenwechsel im Umgang mit Familie, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Ausgangsbasis für jede Eltern-Kind-Beziehung ist für ihn die Gleichwürdigkeit des Kindes, die Selbstverantwortung und der Raum zur kindlichen Mitbestimmung. Herausfinden, wer das Kind ist, das sei eine wichtige Aufgabe der Eltern. Über die Zukunft unserer Gesellschaften entscheidet, so Juul, die Fähigkeit von Eltern, Verantwortung für das eigene Handeln und die Beziehung zwischen sich und dem Kind zu übernehmen. Als Familienwerkstatt legt er seinen Ansatz aus, als Raum zum Experimentieren und gegenseitigen Kennenlernen. Damit möchte Juul eine Kindererziehung ermöglichen, deren Ziel die seelische und soziale Gesundheit des Kindes ist. »Sie müssen ihr Sein in der Welt aus drücken können«, ist Juuls These, um ihr Kindsein zu meistern.