XenoEntities Network: Existential Futurities

Workshop zur Ausstellung „Welt ohne Außen“

XenoEntities Network © the artist

XenoEntities Network © the artist

23.06.2018, 16:00–19:00 Uhr – AUSGEBUCHT
Donna Haraway: Story Telling for Earthly Survival

01.07.2018, 16:00–19:00 Uhr
Fluid Existence

28.07.2018, 16:00–19:00 Uhr
Trans*/Matter/Realities and Queer Political Imaginings

„Existential Futurities“ ist ein dreiteiliger Veranstaltungszyklus aus performativen kuratierten Workshops, die alternative Methoden des Zusammen-Seins aufzeigen. Zwischen traditionellen Bild- und Textobjekten entwickelt XenoEntities (XEN) queere Strategien, um in Klang, Stimme und Raum miteinander Zeit zu verbringen.

23.6.2018, 16:00–19:00 Uhr – AUSGEBUCHT
Donna Haraway: Story Telling for Earthly Survival
Filmvorführung & Gespräch

Donna Haraway ist eine begnadete Geschichtenerzählerin, die in einem Zeitalter der Katastrophen ein rebellisches und hoffnungsvolles Universum schildert, das von Kreaturen und Trans-Arten wimmelt. Der Brüsseler Filmemacher Fabrizio Terranova besuchte Donna Haraway in ihrem Haus in Kalifornien, lebte – fast buchstäblich – für ein paar Wochen mit ihr und produzierte dabei ein schrulliges Filmporträt. Darin lässt er Haraway in ihrer persönlichen Umgebung sprechen und setzt diese ansprechend in Szene, um das spielerische, geistige Feingefühl der Wissenschaftlerin zu unterstreichen. Das Ergebnis ist ein seltenes, aufrichtiges, intellektuelles Porträt einer höchst originellen Denkerin.
Nach der Filmvorführung wird es eine Versammlung geben, in der wir Haraways „A Cyborg Manifesto“ aufgreifen, das zum ersten Mal vor 34 Jahren erschien. Dabei versuchen wir einen Überblick über den Einfluss des Manifests auf die zeitgenössischen feministischen und technologischen Debatten zu geben und diesen zu analysieren. „A Cyborg Manifesto“ gilt noch immer als Eckpfeiler der intersektionellen Diskussion um Feminismus, Technologie, Sozialismus und Materialismus, weil es auf die Demontage patriarchalischer und naturalistischer Diskurse über Körper und Sprache hinwirkt.
Mit ihrer Beschreibung des Cyborgs entfacht Haraway den ersten Posthumanismus und wendet sich gegen den frühen feministischen Essentialismus. Im Gegenzug formuliert sie schimärische Vorstellungen von Tier und Maschine, die den Phallogozentrismus vermeiden und Platz für neue Wesensverwandtschaften schaffen. Wir werden das Worldbuilding-Potential dieser Verwandtschaften untersuchen, von Tentakeln und Wirbellosen bis hin zu neuen Kritiken an Haraways Werk.

1.7.2018, 16:00-19:00 Uhr
Fluid Existence
Filmvorführung & Guided-Listening-Performance

Menschen-als-Quallen und internet-ontologische Bilder-Metaphern ermuntern die Betrachter*-Teilnehmer*innen, herkömmliche Vorstellungen der Identitätskonstruktion auszublenden und sich einer kollektiv zusammengebrauten, flüssigeren Existenz zu öffnen. Mithilfe von Strategien des LARP (live-action role-playing) und geführten somatischen Atempausen organisieren Pedro Marum und Zander Porter vom XenoEntities Network eine meditativ kuratierte, visuelle und akustische Performance. Sie arbeiten mit einem Zeitplan und improvisieren zugleich gegen ihn, um unsere Beziehungen zur Zeit und zum Selbstgefühl zu verfremden. Zwischen akustischen Traumlandschaften und Umgebungsgeräuschen läuten P + Z ein neues Zeitalter der xeno-außerirdischen Queerness ein: eine Übung im Denkens-als-Machen, eine Schnittmenge aus fremder Phänomenologie und queerer Zeitlichkeit. Dieser Workshop wurde entwickelt, um eine videospielartige, angstbezwingende, flüchtige, aber dichte Fantasiewelt zu beschwören.

Performance und Kuration von Pedro Marum und Zander Porter
Ausstellung der Filme „Paradise Loop“ von Alain Garcia und „Jellyfish“ von Maryna Makarenko
DJ-Set von marum

28.7.2018, 16:00-19:00 Uhr
Trans*/Matter/Realities and Queer Political Imaginings
Assemblage und Lesegruppe zu Karen Barads „Transmaterialitäten“.

„Selbst-Intra-Aktionen von Partikeln beinhalten Partikelübergänge von einer Art zu einer anderen, die durch das radikale Rückgängigmachen von Arten stattfinden – Queer/Trans*formationen. Selbstberührung ist also eine Begegnung mit der unendlichen Andersartigkeit des Selbst. Die Materie ist eine Umhüllung, eine Rückbildung, sie kann nicht anders, als sich selbst zu berühren, und in dieser Selbstberührung kommt sie in Kontakt mit der unendlichen Andersartigkeit, die sie ist. Polymorphe Perversität zu unendlicher Macht erhoben: man muss von einer queeren/trans* Intimität sprechen!“
Karen Barad zoomt in die atomare Zusammensetzung der verschiedenen Schichten des Universums hinein, um über die potentielle Queerness der Wechselwirkungen zwischen Teilchen zu spekulieren. Die Materie erlebt eine ständige Neugestaltung ihres Zustands, sagt Barad, „das Experimentieren mit sich selbst – den queeren Tanz der Unbestimmtheit von Sein-Zeit, das fantasievolle Spiel von An-/Abwesenheit, hier/da, jetzt/dann, das die ungleichen Teile zusammen-/auseinanderhält“. Barad hebt die Inkongruenzen und den konstanten Fluss aller Materie hervor und nutzt das Elektron als Mittel, um die naturalistischen Sichtweisen zu dekonstruieren, die unsere Vorstellung von statischen Identitäten und Körpern, von Polarisation und Materie prägen. Karen Barad verbindet die theoretische Physik mit feministischen Studien und stützt sich dabei auf die Quantenphysik, um nahezulegen, dass jede Einheit der Materie im Wandel ist, ein stetiger Fluss intra-aktiver Phänomene.
In dieser Versammlung und Lesegruppe regt XenoEntities Network eine Diskussion über Barads Artikel zur experimentellen Natur der Materie an: „Transmaterialities: Trans*/Matter/Realities“. Barad stützt sich darin auf ihre Theorie des „Agentiellen Realismus“, eine Ontologie, wonach das Universum Phänomene umfasst, die „die ontologische Unzertrennlichkeit/Verschränkung intraagierender ‚Agentien‘“ sind. Sie wendet hierbei eine queere Lesart auf verschiedene wissenschaftliche Phänomene an, um deren Potentiale neu zu interpretieren. In ihrem Aufsatz diskutiert sie die „elektrische Energie, die durch folgende unterschiedliche Themen strömt: Blitz, Ursuppe, Frösche, Frankenstein, Trans-Wut, queere Selbstgeburt, Quanten-Vakuum, virtuelle Teilchen, queere Berührungen, Bioelektrizität, Frankenfrösche, monströse Re/Generationen".

Wir möchten hervorheben, dass die XEN-Versammlungen Gemeinschaftstreffen zum informellen Austausch von Ideen sind, bei denen jede*r frei eingreifen und teilnehmen kann. Bitte bringen Sie andere Texte oder Medien mit, die Sie teilen und diskutieren möchten.