Inszenierung
Piccolo Theater Jugendklub
Ensemble dazwischen. ©Michael Helbi
Frieden ist nichts, das entsteht, wenn man es sich wünscht. Frieden ist etwas, das Menschen tun. Etwas Aktives. Etwas, das wir verschenken. Ist Frieden auch etwas, für das man kämpfen muss? Mit eigenen Texten und literarischen Stimmen von Brecht bis Borchert wird ausgelotet, was Frieden im „Dazwischen“ der Gesellschaft bedeutet und welche Lehren aus der Vergangenheit für die Zukunft hilfreich sein können.
Frieden ist nichts, das entsteht, wenn man es sich wünscht. Frieden ist etwas, das Menschen tun. Etwas Aktives. Etwas, das wir verschenken. Ist Frieden auch etwas, für das man kämpfen muss? Mit Waffen, gegen Angreifende, oder wie? Hat das etwas mit Heimat zu tun? Herrscht Frieden in deiner Heimat? Ist dieser Frieden bedroht? Welche Perspektiven bringen die Spielenden mit? Ist Frieden der gesellschaftliche Zustand zwischen den Kriegen? Können wir für dieses „dazwischen“ Ausdrucksformen finden und erfinden? Was können wir aus der Vergangenheit für die Gegenwart und für die Zukunft lernen? Mit eigenen Texten und Texten von Brecht bis Borchert nähert sich der Jugendklub des Piccolo Theaters dem Thema an.
Das Piccolo Theater ist ein professionelles Theater für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Es führt die Sparten Kinder- und Jugendtheater, Puppen- und Figurenspiel, Tanz- und Theaterpädagogik. Die Angebote sollen Kinder und Jugendliche dabei unterstützen, mündig und selbstbewusst heranwachsen zu können und begleiten sie dabei mit künstlerischen Mitteln aus Schauspiel, Puppenspiel, Musik und Tanz. Der Theaterjugendklub bildet die Altersspitze der theaterpädagogischen Angebote des Piccolo Theaters. Die Mitglieder sind zwischen 14 und 21 Jahren alt. Jedes Jahr wird dort ein Theaterstück auf die Bühne gebracht, das auch im normalen Spielplan des Theaters erscheint und stets Themen beleuchtet, die die jungen Spielenden mitbringen. Der Piccolo Jugendklub legt sehr viel Wert auf kreative Eigeninitiative der Teilnehmenden und die damit verbundenen emanzipatorischen Effekte. Die Texte und die Inszenierungsideen werden gemeinsam diskutiert und entwickelt.
Jurykommentar
Eine Spielerin betritt die Bühne. Ein Vogel wird gesucht. Eher klein und weiß. Die Friedenstaube ist davongeflogen. Dabei könnte die Welt sie gut gebrauchen. Vielerorts gibt es Krieg, vermeintliche Ansprüche an Macht und Land werden mit Waffengewalt erstritten. Und auch in Deutschland sprechen Parteien wieder über eine Wehrpflicht, über Aufrüstung und Verteidigung. Antidemokratische und menschenfeindliche Kräfte werden lauter. Wo ist er nur, der Vogel?
13 Jugendliche machen sich auf die Suche nach dem Frieden. Aber was ist das eigentlich? In „dazwischen“ auf jeden Fall die Abwesenheit von Krieg. Krieg, wie die beiden Weltkriege. Krieg, wie in der Ukraine. Ausgehend von literarischen Texten lässt die szenische Collage in starken und berührenden Bildern die Wunden erahnen, die Kriege in die Generationen reißen. Wie schreiben sie sich in unsere Familiengeschichten ein? Wie bedrohen sie unser Leben, unsere Sicherheit, unser Glück?
Die poetische Kraft der Inszenierung lässt keine Grausamkeit entstehen. Vielmehr setzen die Spielenden dem Krieg immer wieder starke Momente der Hoffnung und Menschlichkeit entgegen. Einen Sehnsuchtsort, meine Familie, ein gemütliches Kissen, das mir ein Zuhause ist. Eine menschliche Berührung, oder dass mir jemand zuhört, auch wenn wir unterschiedliche Ansichten haben. Zusammenhalt. Frieden eben.
Mit eindringlichem, präzisem Spiel erzählen die Jugendlichen von ihrer Angst vor einem Krieg und von der Erkenntnis, dass der Frieden ein zufälliges Privileg ist, flüchtig und zerbrechlich. Welchen Pass habe ich? Kenne ich Menschen, die aus einem Kriegsgebiet geflohen sind? Ist Frieden immer möglich? Was kann ich dafür tun, den Frieden in Deutschland zu erhalten, jeden Tag? Und was ist er mir wert?
In der Balance von zarten, sinnlichen und lauten, kraftvollen Szenen hat „dazwischen“ eine ansteckende Energie und ist ein kluges Plädoyer für ein solidarisches Miteinander. Wenn die weißen Fahnen im Wind der Spielenden flattern, entlässt mich die Inszenierung mit dem Gefühl, dass der Vogel nicht wiederkommt. Dass Frieden etwas ist, das wir uns als Menschen gemeinsam erarbeiten müssen. Wir müssen die Friedenstaube sein. Auch außerhalb des Theaters.
Rieke Oberländer
Frieda Becker, Hermine Jähne, Nico Kornisch, Maja Kuschnir, Laurenz Lorenz, Charlie Müller, Weronika Musialowska, Lena Patzelt, Lina Patzelt, Lamara Schröder, Celina Siegfried, Arian Wolff
Matthias Heine – Spielleitung, Textfassung und Dramaturgie
Johanna Hoff – Tanzchoreografie
Matthias Heine – Schreibworkshops
Konstantin Walter, Sven Mühlbach – Licht, Technik und Einspieler
Texte, Textflächen, Quellen
Erich Maria Remarque, Bertolt Brecht, Wolfgang Borchert
Ensemble (Schreibworkshops)
Matthias Heine