Ausstellung

Russland und Deutschland. Von der Konfrontation zur Zusammenarbeit

Eine Ausstellung zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges

Es sind viele und facettenreiche Ereignisse, die die Annäherungen zwischen Deutschen und Russen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bestimmten. Die Ausstellung, eine Zusammenarbeit zwischen dem Deutsch-Russischen Museum Berlin-Karlshorst und dem Staatsarchiv der Russischen Föderation, greift Wegmarken des Annäherungsprozesses der ehemaligen Kriegsgegner seit 1945 auf. Die Konjunkturen im beiderseitigen Verhältnis spiegeln sich in historischen Dokumenten wider als auch in Biografien. Es kommen 14 Wegbereiter im deutsch-russischen Annäherungsprozess zu Wort, darunter die Schriftsteller Lew Kopelew und Heinrich Böll. Anlass für diese Ausstellung ist der 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges in diesem Jahr.

Der Staatsbesuch des deutschen Bundeskanzlers Konrad Adenauer 1955 in Moskau, die Errichtung der Berliner Mauer 1961 oder der Abschluss des KSZE-Prozesses im August 1975 in Helsinki: Es sind viele und facettenreiche Ereignisse, die die Annäherungen zwischen Deutschen und Russen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges markierten. Die Ausstellung „Russland und Deutschland. Von der Konfrontation zur Zusammenarbeit“ greift diejenigen heraus, die sowohl von deutscher als auch von russischer Seite als Wegmarken des Annäherungsprozesses der ehemaligen Kriegsgegner seit 1945 bewertet werden.

Anlass für die Ausstellung ist der 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges in diesem Jahr. Der vom nationalsozialistischen Deutschland begonnene Zweite Weltkrieg gilt mit etwa 60 Millionen Kriegstoten weltweit als der verlustreichste Krieg, den es je gab. Niemals zuvor wurden mehr Menschen getötet und größere Zerstörungen angerichtet. Dies gilt insbesondere für den Vernichtungskrieg, den das Deutsche Reich seit dem 22. Juni 1941 gegen die UdSSR führte. Die Sowjetunion hatte 27 Millionen Tote zu beklagen, davon waren mindestens 14 Millionen Zivilisten. Auf deutscher Seite kamen mehr als fünf Millionen Soldaten und über eine Million Zivilpersonen um. Der Krieg endete in Europa in der Nacht vom 8./9. Mai 1945 mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht im heutigen Museumsgebäude des Deutsch-Russischen Museums Berlin-Karlshorst.

Im Rahmen des zweijährigen Ausstellungsprojektes kooperiert das Deutsch-Russische Museum Berlin-Karlshorst mit dem Staatsarchiv der Russischen Föderation. Ergebnis sind zwei Ausstellungen in Berlin und Moskau. Die Ausstellungen wurden von einer deutsch-russischen Arbeitsgruppe, die in Moskau und Berlin tagte, erarbeitet. Basierend auf historischen Dokumenten, präsentieren beide Ausstellungen die wesentlichen Etappen des Annäherungsprozesses der beiden Länder mitsamt ihren Höhen und Tiefen: Sie beginnt zeitlich am 8./9. Mai 1945 und endet im Januar 2014 – mit der Rede des russischen Schriftstellers Daniil Granin im Deutschen Bundestag am 27. Januar. Die dargestellten zeitlichen Zäsuren und historischen Ereignisse geben dabei die Dynamik und Bandbreite der deutsch-russischen Beziehungen seit 1945 wider, die von Krisen und Misstrauen bis hin zu anhaltenden Phasen großer Kooperationsbereitschaft und Vertrauen gekennzeichnet sind.

Die Narrative der Ausstellung sind komplex, sie müssen vielfältigen Staatenkonstellationen und daraus resultierenden Beziehungsstrukturen gerecht werden. So werden neben den Beziehungen der DDR und der „alten“ Bundesrepublik zur Sowjetunion auch die des wiedervereinigten Deutschlands zur Sowjetunion und späteren Russischen Föderation beleuchtet. Diesen Phasen der Bedrohung, intensiver Zusammenarbeit, Ablehnung und Vertrauen die Ausstellung schlaglichtartig.

Sie stellt daher neun historische Ereignisse – neun zeitliche Zäsuren – in den Mittelpunkt der Schau. Diese bilden jeweils den Einstieg in eine Ausstellungseinheit:

8./9. Mai 1945
Kapitulation der Wehrmacht

23. Mai | 7. Oktober 1949
Gründung zweier deutscher Staaten

8. - 14. September 1955
Westdeutscher Staatsbesuch in Moskau

13. August 1961
Bau der Berliner Mauer

1. Februar 1970
Abschluss des Erdgas-Röhren-Geschäftes

1. August 1975
Unterzeichnung der KSZE-Schlussakte

12. September 1990
Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier-Vertrages

11. April 2005
Strategische Partnerschaft

27. Januar 2014
Gedenkstunde im Deutschen Bundestag

An diese Zäsuren schließen sich weitere Ereignisse an, die in zeitlicher Nähe zu den Auftaktereignissen stehen, aber nicht streng chronologisch erzählt werden. Diese Einheiten werden getragen von Originalen sowie Faksimiles historischer Dokumente: Vertragswerke, Gesprächs-protokolle, Urkunden oder Dankesschreiben. An rund 50 Stationen kann der Besucher diese Dokumente lesen und sich somit einen vertieften Einblick verschaffen. So sind die Kapitulationsurkunden vom 8./9. Mai 1945 in drei Sprachfassungen ebenso zu sehen wie der Originalentwurf des Erdgas-Röhren-Abkommens aus dem Jahr 1970, die KSZE-Schlussakte aus dem Jahr 1975 oder der Zwei-Plus-Vier-Vertrag aus dem Jahr 1990. Dieser wurde u.a. vom letzten Ministerpräsident der DDR, Lothar de Maizière unterzeichnet. Der Füllfederhalter, den er hierfür benutzte, ist in der Ausstellung zu sehen. Er ist eines von dreidimensionalen Exponaten, die in der Ausstellung gezeigt werden. Ein weiteres, besonders Exponat ist das originale „Ehrenbuch“ vom Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park, in dem die Namen der dort bestatteten Rotarmisten aufgeführt sind.

Historische Foto- und Filmaufnahmen runden die Ausstellung ab: Eine „Galerie der Begegnungen“ im Eingangsbereich stimmt den Besucher auf die Ausstellung ein; eine partizipative Medieninstallation am Ausstellungsrundgang schließt sie ab. Hier hat der Besucher die Möglichkeit, seine Meinung, Gedanken und Einschätzungen zu den deutsch-russischen Beziehungen zu äußern. Er kann dies auf Deutsch, Russisch und Englisch tun – den drei Sprachen, in denen die Ausstellung präsentiert wird.

Ein weiteres Narrativ der Ausstellung sind 14 Biografien bzw. „biografische Schlaglichter“. Sie erzählen die Lebenswege von sieben russischen bzw. sowjetischen und sieben deutschen Persönlichkeiten des politischen, kulturellen und wissenschaftlichen Lebens, die sie nach Deutschland und Russland, in die Sowjetunion und in beide deutsche Staaten geführt haben. Dazu gehören u.a. der Filmemacher Konrad Wolf, die Leiterin des ersten Goethe-Instituts in der Sowjetunion, Kathinka Dittrich van Weringh, die engen Schriftsteller-Freunde Lew Kopelew und Heinrich Böll, die sowjetische Kulturoffizierin Jewgenia Kazewa oder der sowjetische Bildhauer Vadim Sidur, dessen Werke vor allem in der Bundesrepublik der 1980er-Jahre Beachtung fanden.

Für Design und Architektur der Ausstellung zeichnet büroberlin verantwortlich. Die Architektinnen von büroberlin haben auf der Grundlage des Ausstellungskonzeptes einen Gestaltungsentwurf erarbeitet, der die Begriffe „Mosaik“, „Seismograph“ und „Facetten“ zum gestalterischen Prinzip erhebt. Damit sollen die weder linear noch zwangsläufig verlaufenden deutsch-russischen Beziehungen seit 1945 dargestellt werden, sodass die Dynamik mit Brüchen und auch Leerstellen sich auch in der Ausstellungsgestaltung widerspiegelt.

Parallel zur Präsentation im Martin-Gropius-Bau Berlin wird vom 10. November 2015 bis zum 18. Januar 2016 eine gleichnamige Ausstellung im Staatlichen Historischen Museum in Moskau zu sehen sein.

Veranstalter: Eine Ausstellung des Deutsch-Russischen Museums Berlin-Karlshorst in Kooperation mit dem Staatsarchiv der Russischen Föderation