Inszenierung

Maschallah

Stückentwicklung von und mit jungen Menschen aus Weimar und Umgebung

Junges DNT
Deutsches Nationaltheater Weimar und Staatskapelle

Zwei junge Frauen in altmodischen Kostüumen lesen jede in einem Buch. Die eine Frau ist im Vordergrund des Bildes und unscharf. Die zweie Frau steht weiter im Hintergrund und ist klar zu erkennen.

DNT Weimar, Maschallah, mit Texten von Mascha Kaléko. ©Candy Welz

Die Stückentwicklung verbindet Mascha Kalékos Lyrik mit den biografischen Recherchen der Spieler*innen zu Migrations- und Kriegserfahrungen ihrer eigenen Familien. In der Auseinandersetzung mit Kalékos Sprache und Lebensgeschichte entsteht ein vielstimmiger Theaterabend über Krieg, Heimatlosigkeit und den Umgang mit Umbrüchen – poetisch, politisch und mit starkem Bezug zur Gegenwart. Ein poetischer Abend über den berechtigten Anspruch auf ein erfülltes Leben in Freiheit und Frieden.

Verfügbar ab 6.6.2025 als Video on Demand in der Mediathek.


Es liegen Hinweise zu sensiblen und/oder gesundheitlich relevanten Inhalten vor.

„Maschallah“ ist ein Wortspiel. Es bedeutet Anerkennung, Freude über ein Ereignis oder eine Person. Zugleich verbirgt sich dahinter der Name der Autorin, mit der sich dieses Theaterprojekt beschäftigt: Mascha Kaléko, eine der bedeutendsten Lyrikerinnen der Vor- und Nachkriegszeit.

Nach verschiedenen Workshops an Schulen fand ein Ensemble zusammen. Ab Oktober 2024 haben sie sich mit Kalékos Leben und Werk spielerisch auseinandergesetzt und ausgewählte Gedichte bearbeitet. Aus dem großen Pool an Tagebucheinträgen, Lyrik und biografischen Beschreibungen entwickelte die Dramaturgin Beate Seidel eine Textfassung. Diese wurde mit dem Ensemble besprochen, getestet und im Probenprozess immer wieder angepasst. Zudem recherchierten die Spieler*innen die Migrations- und Kriegserfahrungen ihrer eigenen Familien in den letzten 100 Jahren. Diese wurden in die Inszenierung integriert. Alle Beteiligten stellten dabei fest, dass auch ihre Familiengeschichten geprägt sind von Umbrüchen, Lebens- und Ortsveränderungen sowie unausgesprochenem oder verschüttetem Wissen – als einer Folge des Krieges, des Kriegsendes und den daraus erwachsenden Fluchtbewegungen.

Mascha Kalékos zeitloser Umgang mit Sprache und ihre alltäglichen Beobachtungen – gerade in politisch radikalen Zeiten – sind besonders zugänglich. Sie ermöglichen den jungen Darsteller*innen, sich in einem Theaterabend mit den Themen Krieg und Heimatlosigkeit auseinanderzusetzen und Verbindungen zur Gegenwart herzustellen. Als Autorin der Neuen Sachlichkeit schreibt sie hoffnungsvoll gegen den oft schwer erträglichen Alltag an: „Jage die Ängste fort und die Angst vor den Ängsten … Zerreiß deine Pläne und halte dich an Wunder.“ Ihre Gedichte schaffen einen Leitfaden, sich Umbrüchen unerschrocken zu stellen.

Der Abend richtet sich an junge und ältere Erwachsene, Schulgruppen, Mascha-Kaléko-Liebhaber*innen und an all jene, die ihre Lyrik entdecken wollen.

Jurykommentar

Das Stück „Maschallah“ des Jungen DNT Weimar beeindruckt durch seine tiefgründige und sensible Auseinandersetzung mit der Lyrik und dem Leben von Mascha Kaléko.

Die Darsteller*innen verleihen den Worten eine emotionale Tiefe – sie berühren, bewegen und laden das Publikum zum Innehalten und Nachdenken ein.
Die Inszenierung besticht durch eine kluge dramaturgische Struktur, durch die es gelingt, persönliche und historische Ebenen wie Lyrik und Tagebucheinträge miteinander zu verweben. Die ausgewählten Texte und ihre szenische Umsetzung zeigen die Vielseitigkeit von Kalékos Werk und machen ihre Themen wie Exil und Identität sowie ihre Sehnsucht eindringlich spürbar.

Die Bühne ist mit Holzbänken und aus Holz gefertigten Landkarten ausgestattet, die dem Raum eine besondere Tiefe verleihen und auch als Projektionsfläche genutzt werden. Sechs junge Erwachsene setzen sich intensiv mit dem Werk dieser mutigen und kühnen Dichterin auseinander, deren Gedichte mit Vitalität, Humor und Ernsthaftigkeit die Facetten des Lebens beleuchten. Dabei suchen die sechs Spieler*innen nach persönlichen Anknüpfungspunkten und bringen ihre eigenen Perspektiven in das Stück ein.
Die Gruppe tanzt und singt virtuos, lässt die Zeit stillstehen, um im nächsten Moment den Rhythmus zu wechseln und die Schwere abzuschütteln. Die Darsteller*innen nutzen den Raum perfekt aus und erzeugen durch ihren variantenreichen Ausdruck eine beeindruckende Dynamik.
Insgesamt erlebe ich während des Stückes ein Wechselbad der Gefühle: Der Atem stockt, das Herz klopft, ich lache und bin zutiefst berührt, erschrecke und bin dann wieder fröhlich. Diese emotionale Achterbahnfahrt ist der klugen Struktur der Inszenierung zu verdanken, die den Rhythmuswechsel und die Leichtigkeit aufgreift, die Mascha Kaléko in ihren Gedichten vereint. Auch die ästhetische Umsetzung verdient Anerkennung: Das Bühnenbild mit den Landkarten als Projektionsflächen und die Lichtgestaltung fügen sich harmonisch in die Inszenierung ein und unterstützen die emotionale Wirkung der Szenen. Die musikalische Untermalung und der geschickte Einsatz von Stimme und Körpersprache verstärken die Wirkung der Worte und schaffen eine dichte Atmosphäre.
Die Ensembleleistung ist herausragend: Alle Beteiligten tragen mit einer intensiven und einfühlsamen Darstellung zur Gesamtwirkung bei. Die enge Verknüpfung der individuellen Ansätze der jungen Darsteller*innen mit dem literarischen Erbe Kalékos macht diese Produktion zu einem bewegenden Erlebnis.
„Maschallah“ ist nicht nur eine Hommage an Mascha Kaléko, sondern auch ein lebendiges Beispiel für die Kraft von Poesie und Theater als Mittel der persönlichen und gesellschaftlichen Reflexion. Eine außergewöhnliche Inszenierung, die noch lange nachwirkt.

Canip Gündoğdu

Von und mit

Emil Fischer, Lou-Amelie Groth, Runa Martha Hoffmann, Ronja Klein, Thalia Lauer, Jan Port, Arne Reißenweber

Angelika AndrzejewskiRegie
Silja ReimerBühne und Kostüme
Jannik StrohmMusik
Beate SeidelDramaturgie
Annika BoschMusikalische Einstudierung
Maya GomezBewegungstraining
Antonia Donat, Tobias LudwigVideo
Thomas GeilerLicht
Emilie Losfeld, Jan PortRegieassistenz und Abendspielleitung
Thomas FischerTon
Charlotte Hildesheim, Leonie Martins, Kornelia Bloßfeld – Maske
Susanne HillmannInspizienz