Musikalische Leseperformance | Pallavi Paul: How Love Moves
Fatma Aydemir, Foto: Sibylle Fendt / Anthony Hüseyin, Foto: Fırat Gürgen
Wenn Liebende im Grunde Leidende sind, kann die Erfüllung ihrer Sehnsüchte jemals Heilung sein? Als Teil des öffentlichen Programms Six Days of Love, das Pallavi Pauls Ausstellung How Love Moves begleitet, gehen Fatma Aydemir und Anthony Hüseyin in ihrer musikalischen Leseperformance den kulturellen Metaphern rund um Liebe als Zustand der (Un-)Gesundheit nach.
Während man im Englischen oder Deutschen unspezifisch liebeskrank wird, bekommen leidende Liebende im Türkischen verem – was sich überwältigend spezifisch mit „Tuberkulose“ übersetzen lässt. Inspiriert von und im Dialog mit Pallavi Pauls Ausstellung How Love Moves, die den Kreislauf des Atems zwischen Liebenden, kollektivem Sterben, Zerstörung, Verfall und Trauer in industriellen Gesellschaften nachzeichnet, befasst sich diese Performance mit drei Formen von Liebe: der körperlichen, der unerwiderten und der gemeinschaftlichen. Indem sie die Poesie von Liebesliedern mit literarischer Prosa verweben, laden die beiden Künstler*innen dazu ein, dem Potenzial einer kollektiven Trauer um geliebte Menschen, die wir verloren haben, nachzufühlen.
Fatma Aydemir ist Schriftstellerin und Journalistin und lebt in Berlin. Sie ist Mitbegründerin und Herausgeberin der deutschen Literaturzeitschrift Delfi. Ihr Debütroman Ellbogen erschien 2017 und wurde 2023 verfilmt. Ihr zweiter Roman Dschinns (2022) wurde mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnet und wird 2024 auf Englisch bei der University of Wisconsin Press erscheinen. Zusammen mit Hengameh Yaghoobifarah veröffentlichte sie die Essaysammlung Eure Heimat ist Unser Albtraum (2019). Fatma Aydemir ist Kolumnistin für The Guardian und hat Goethes Theaterklassiker Faust aus feministischer Perspektive (Doktormutter.Faust, 2024) neu geschrieben. Sie kuratiert und moderiert außerdem die Diskursveranstaltungsreihe Materien am Schauspiel Essen.
Anthony Hüseyin ist nicht-binäre*r Musiker*in und Performance-Künstler*in kurdisch-türkischer und arabischer Herkunft und arbeitet mit Stimme, Text, Film, Tanz und Installation. Anthony Hüseyin wuchs in Urfa im Südosten der Türkei auf, lernte dort traditionelle lokale Musik und studierte anschließend sowohl klassischen als auch Jazz-Gesang in Istanbul und Rotterdam. Zu Anthony Hüseyins veröffentlichen Alben gehören: Safran (2012), The Lucky One (2017) und Project O (2022). Sieben Jahre unterrichtete Anthony Hüseyin Gesang am Rotterdamer Konservatorium Codarts. Kürzlich wurden zwei vom Marina Abramović Institute in Auftrag gegebene Arbeiten von Anthony Hüseyin im Theater Carré in Amsterdam während der Langzeit-Performance-Ausstellung No Intermission (2022) aufgeführt. Im Jahr 2023 komponierte und produzierte Anthony Hüseyin Musik für ein queeres Theaterstück mit dem Titel Amore und arbeitete als musikalische*r Leiter*in, Komponist*in und Schauspieler*in mit an der Inszenierung des Stückes Dschinns von Fatma Aydemir am Maxim Gorki Theater im Februar 2023. Im November 2023 veröffentlichte Anthony Hüseyin eine EP mit dem Titel O Biçim Şarkılar - O Shaped Songs.