Konzert
Es war schon immer ungerecht, den Saxofonisten David Sanborn auf Smooth Jazz und Fusion zu reduzieren, bewies er doch spätestens Anfang der neunziger Jahre an der Seite von John Zorn und Tim Berne, dass er auch am entgegengesetzten Ende des Jazz-Universums in avantgardistischen Weiten navigieren kann.
Schon zuvor hatte er mit seinem geschmeidigen Altsaxofon bei Musikern wie Stevie Wonder, Bruce Springsteen, Paul Simon oder den Rolling Stones unüberhörbare Spuren hinterlassen. Seine frühe musikalische Liebe gehörte jedoch dem Altsaxofonisten Hank Crawford, der durch seine Arbeit für Ray Charles berühmt wurde. Es war vor allem Crawfords Eleganz, Einfachheit und unverstellte Emotionalität, die Sanborn sich zum Vorbild nahm. Nachdem er schon 1999 auf seinem Album Inside Marcus Millers Song Brother Ray aufgenommen hatte, setzt er seiner unsterblichen Liebe zu Crawford und Charles auf seinem neuen Album Here and Gone nun ein weiteres, komplexeres Denkmal.
Für Sanborn, der schon alle Höhen der Popularität erklommen hat, die für einen Jazzmusiker überhaupt erreichbar sind, schließt sich mit diesem Projekt ein Kreis. Selten zuvor war er so eindringlich und emotional ergreifend.
Herbie Hancock bedarf unter Jazzhörern wahrlich keiner Vorstellung mehr. Im Gegensatz zur Masse der Jazzmusiker genießt der Pianist und Keyboarder auch unter Rock-, Pop- und HipHop-Fans einen hervorragenden Ruf. Seit Anbeginn war Herbie Hancock ein stilistisches Chamäleon. Immer auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer, fand man ihn unter den Pionieren des tanzbaren Hardbop, des Jazzrock und Electric Jazz – so z.B. mit den Headhunters, die am Vorabend im Quasimodo zu hören waren – sowie der Liaison von HipHop und Jazz. Mit seinem Album The New Standard öffnete er den Jazz der neunziger Jahre für einen ganz neuen Kanon von Popsongs, den er auf seinem aktuellen Album River: The Joni Letters mit Transformationen von Joni-Mitchell-Songs konsequent weiter formuliert.
Hancock beherrscht das komplette Instrumentarium vom akustischen Klavier über diverse elektronische Keyboards und Synthesizer bis hin zum Computer mit solcher Perfektion, dass es zuweilen scheint, es gäbe mehrere Musiker, die unabhängig voneinander unter dem Sammelnamen Herbie Hancock operieren. Mit 68 Jahren bleibt der Schöpfer so unterschiedlicher Stücke wie Watermelon Man und Rockit einer der letzten großen Stars, die sich nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen, sondern den Radius des Jazz immer noch erweitern.
Berlin wird den Meister an den Tasten mit einer neuen, hochkarätig besetzten Band erleben: mit Trompeter Terence Blanchard aus New Orleans (bekannt u.a. durch seine Zusammenarbeit mit dem Filmemacher Spike Lee), dem in Genf geborenen New Yorker Harmonika Spieler Gregoire Maret, der das Publikum schon als Mitglied von Cassandra Wilsons Bands zu bezaubern wusste, James Genus, der schon des öfteren für Musiker wie Michael Brecker und John Scofield in die Bass-Saiten griff und dem talentierten Newcomer Kendrick Scott an den Drums.
David Sanborn – alto sax
Ricky Peterson – keyboards
Nicky Moroch – guitar
Richard Patterson – bass
Gene Lake – drums
plus hornsection – (tp, tb, bs, ts, bcl)
Herbie Hancock – piano
Terence Blanchard – trumpet
James Genus – bass
Grégoire Maret – harmonica
Kendrick Scott – drums