Programm Samstag, 5.11.2022

Das vielfältige Programm am Samstagabend legt den Schwerpunkt auf musikalische Traditionen, die ästhetisch stark in ihren jeweiligen soziopolitischen oder kulturellen Kontexten verwurzelt sind. Fragen von Tradition, Identität und Spiritualität spielen dabei ebenso eine Rolle wie musikalische Reflektionen auf Rassismus und Widerstand.

Nach einem filmischen Porträt über Sven-Åke Johansson und Künstler*innengesprächen am Nachmittag eröffnet der südafrikanische Schlagzeuger und Komponist Asher Gamedze das Abendprogramm mit einer Darbietung seines international gefeierten Albums „Dialectic Soul”. Im Anschluss an diese musikalische Reflexion auf die südafrikanische und US-amerikanische Jazzgeschichte, auf Kolonialismus und Widerstand, bringt eine Auftragsarbeit des Jazzfest Berlin europäische Improvisationsmusiker*innen zusammen, die einen Klangteppich aus Elementen folkloristischer Musiktraditionen Osteuropas gestalten, gefiltert und transformiert durch das Brennglas des Jazz und der improvisierten Musik. Und Saxofonist*in Matana Roberts und Band beschließen den Abend auf der Großen Bühne mit der Europapremiere des vierten Kapitels ihres*seines einzigartigen Coin Coin-Projekts: eine Beschäftigung mit den komplexen Verstrickungen von kultureller Reichhaltigkeit und Rassismus in Memphis.

Später am Abend knüpft der junge Chicagoer Saxofonist Isaiah Collier – zunächst im musikalischen Zwiegespräch mit Drummer James Russell Sims, dann mit seinem Quartett The Chosen Few – an die Tradition des Spiritual Jazz an. Zeitgleich präsentiert das Trio Black Sea Songs mit der türkischen Sängerin Sanem Kalfa, dem belgischen Saxofonisten Joachim Badenhorst und dem in Rumänien geborenen Geiger und Gitarristen George Dumitriu in der Kassenhalle lebhafte Neuarrangements von traditionellen Liedern aus der Schwarzmeerregion.

Im A-Trane feiert die Südkoreanerin Sun-Mi Hong mit ihrem eindrucksvollen Amsterdamer Quintett ihre dritte Plattenveröffentlichung und zugleich ihr Berlin-Debüt, während das außergewöhnliche Ambiente der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche zum Schauplatz einer musikalischen Auseinandersetzung des Pianisten Lucian Ban, des Saxofonisten John Surman und des Bratschisten Mat Maneri mit der volksmusikalischen Tradition Transsilvaniens wird, wie sie sich in den musikethnologischen Field Recordings Béla Bartóks konserviert findet.