Konzert
Asher Gamedze // KOMПOUSSULĂ // Matana Roberts © Frank Schmitt, Brett Walker, Leo Wölfel
Der Schlagzeuger Asher Gamedze knüpft an das Erbe der südafrikanischen Musik an, ein Auftragswerk des Jazzfest Berlin wirft neues Licht auf europäische Folk-Traditionen und Saxofonist*in Matana Roberts aus Chicago begibt sich auf die Spuren familiärer Wurzeln anhand zeitgenössischer Klänge aus Memphis.
18:30 / Deutschlandpremiere
(ZA)
Im vergangenen Jahr legte das Jazzfest Berlin einen besonderen Fokus auf die kreative Musikszene Südafrikas mit Livestreams aus dem Sognage in Johannesburg und einem gefeierten Live-Set des Pianisten Nduduzo Makhathini im silent green in Berlin. Für die diesjährige Ausgabe gibt der Schlagzeuger, Komponist und Intellektuelle Asher Gamedze aus Kapstadt sein Debüt als Bandleader, nachdem er zuletzt 2019 beim Festival zusammen mit Angel Bat Dawid zu Gast war. Gemeinsam mit seinem Quartett, bestehend aus dem Saxofonisten Buddy Wells, dem Trompeter Robin Kock und dem Bassisten Thembinkosi Mavimbela, präsentiert er das Album „Dialectic Soul“ von 2020, eine ausdrucksstarke musikalische Reflexion auf Kolonialismus, Kapitalismus und Widerstand. Einerseits klanglich und kulturell tief in südafrikanischen Musiktraditionen verwurzelt, trägt die Musik auch Züge der Spiritualität von John Coltrane ebenso wie der Experimentierfreude des Art Ensemble of Chicago. Gamedzes Interpretation der südafrikanischen Gospelhymne „Hallelujah, Amen“, hier unter dem Titel „Siyabulela“ zu erleben, ist eine bewegende, lyrische Meditation voll Trauer und Anmut, die von bemerkenswertem Einfühlungsvermögen zeugt, während „Hope in Azania“, auch bekannt als „Cape to Cairo“, als euphorischer Ausdruck von antikolonialistischem Protest daherkommt. Das Herzstück des Albums ist eine vierteilige Suite, die im musikalischen Ausdruck der Post-Coltrane-Tradition verwurzelt ist.
Asher Gamedze – Schlagzeug
Thembinkosi Mavimbela – Bass
Buddy Wells – Tenorsaxofon
Robin Kock – Trompete
Zum Interview mit Asher Gamedze in unserem Zum Digital Guide „Outside Traditions“
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20:00 / Uraufführung
(FR, UA, PL, AU, TR, BE, RO)
Eine ganze Reihe an Projekten im diesjährigen Programm – darunter Lumpeks, Black Sea Songs und die Arbeiten der Pianistin Kateryna Ziabliuk – verfolgen ebenso spannende wie unterschiedliche Ansätze in ihrem Bestreben, folkloristische Musiktraditionen im erweiterten Jazzkontext zu adaptieren. Dabei legen die Künstler*innen aus (vorwiegend Ost-)Europa und dem Raum rund um das Schwarze Meer mitunter zeitlose Narrative und Melodien in jahrhundertealten Traditionen frei und stellen in originellen Neuinterpretationen die grenzenlose Anpassungsfähigkeit von Liedern unter Beweis, die sich stets wiederkehrenden Themen der menschlichen Erfahrung widmen. Das Jazzfest Berlin hat eine Auswahl an Musiker*innen der genannten Projekte eingeladen, ihre musikalischen Ideen auf der Bühne im Rahmen einer gemeinsam entwickelten Konzertperformance in Interaktion zu versetzen und auf diese Weise Unterschiede ebenso wie Gemeinsamkeiten der jeweiligen Traditionen und ihrer spezifischen Zugänge hörbar zu machen. Neben den Musiker*innen von Lumpeks und Black Sea Songs ist die derzeit in Italien lebende Ukrainerin Ziabliuk in das Projekt involviert, die zudem den australischen Schlagzeuger Samuel Hall und die ukrainische Folksängerin Maryana Golovchenko eingeladen hat, das Ensemble zu vervollständigen.
Kateryna Ziabliuk – Klavier, präpariertes Klavier, Gesang
Samuel Hall – Schlagzeug, Elektronik, Perkussion
Maryana Golovchenko – Gesang
Louis Laurain – Trompete, Kornett
Pierre Borel – Altsaxofon
Olga Kozieł – Gesang, traditionelle polnische Perkussion
Sébastien Beliah – Kontrabass
Sanem Kalfa – Gesang
Joachim Badenhorst – Klarinette, Live-Elektronik
George Dumitriu – Akustische & E-Gitarre, Viola, Effekte
Im Auftrag von Berliner Festspiele / Jazzfest Berlin
Mehr zu Folk & improvisierter Musik im Digital Guide „Outside Traditions“
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21:30 / Europapremiere
(US, CA)
Matana Roberts (they/them), Musiker*in, Komponist*in und Künstler*in aus Chicago, lässt sich in keine Schublade stecken: „Immer wieder lande ich, geleitet von meiner Neugier, in unterschiedlichen Situationen, in denen ich gebeten werde, mich faszinierenden Dingen zu widmen“, erklärte Roberts 2019 in einem Interview. Roberts kollaborative Ästhetik wurde stark von Jazz und Improvisation geprägt, doch reicht sie weit über diese Wurzeln hinaus. Wenngleich keine Arbeit für sich genommen repräsentativ für die ganze Bandbreite von Roberts künstlerischem Schaffen stehen kann, kommt das Langzeit-Projekt „Coin Coin“ dem am nächsten. Anvisiert ist eine 12-teilige Reihe klanglich-musikalischer Ethnographien, die persönliche Ahn*innenforschung mit historischer Recherche verbinden. Beim diesjährigen Jazzfest Berlin feiert zum Auftakt einer Europatournee das vierte Kapitel von „Coin Coin“ seine Premiere, in dem Roberts Familiengeschichte in Memphis, einer der wichtigsten Musikstädte Amerikas, im Zentrum steht. Dort lebte eine Verwandte namens Liddie, die den Schmerz und Schrecken von Rassismus am eigenen Leib erfuhr, als ihr Vater vom Ku-Klux-Klan ermordet wurde. Um die Kompositionen auf die Bühne zu bringen, hat Roberts ein Sextett von Musiker*innen aus New York und Montreal zusammengestellt, bestehend aus dem Fagottisten und Sänger Joy Guidry, dem Gitarristen Sam Shalabi, der Akkordeonistin und Gitarristin Hannah Marcus, dem Schlagzeuger Ryan Sawyer und dem Bassisten Nicolas Caloia. Gemeinsam schöpfen sie aus dem musikalischen Erbe der titelgebenden Stadt und lassen sich von Blues, Gospel, Jazz und R&B inspirieren, um daraus etwas ganz Eigenes zu schaffen. Was entsteht, ist ein zutiefst persönliches Werk, das sich mit viel Mut und Stärke universellen Themen wie Unterwerfung und Widerstand im Angesicht menschlicher Abgründe widmet.
Matana Roberts – Komponist*in, Altsaxofon, Klarinette, Sprache, Gesang
Joy Guidry – Fagott, Gesang
Hannah Marcus – Fidel, Akkordeon, Gitarre, Gesang
Nic Caloia – Bass, Gesang
Sam Shalabi – Gitarre, Oud, Gesang
Ryan Sawyer – Schlagzeug, Vibrafon, Maultrommel, Gesang
Entdecken Sie Matana Roberts graphische Partituren zu „Coin Coin“ im Digital Guide „Outside Traditions“