Konzert
Natural Information Society // Separatist Party // Bitchin Bajas
Natural Information Society // Bitchin Bajas // The Separatist Party © Chris Strong, Courtesy of the Artists, Liina Raud
„Sonic Dreams: Chicago“ lädt das Publikum ein, die Große Bühne zu betreten, um unmittelbar in die sphärische Musik einer der produktivsten Sub-Communitys innerhalb der Chicagoer Szene einzutauchen: Joshua Abrams präsentiert sein langjähriges Projekt Natural Information Society mit Ari Brown als Special Guest sowie mehreren Berliner Musiker*innen. Zudem und zum ersten Mal live in Berlin zu erleben ist Mike Reeds The Separatist Party, mit Ben LaMar Gay am Kornett, Marvin Tate am Mikrofon und den drei Musikern von Bitchin Bajas, die in einem weiteren Set auch ihren eigenen, von synthetischen Keyboardklängen dominierten Sound zum Besten geben.
(US, DE)
Joshua Abrams hat sich als zurückhaltender Bandleader einen Namen gemacht, der seine Mitmusiker*innen strahlen lässt. Aus der Chicagoer Szene ist der Bassist nicht wegzudenken und seit drei Jahrzehnten in diversen Kontexten unermüdlich aktiv – sei es in Form seiner Zusammenarbeit mit Matana Roberts im Kollektiv Sticks & Stones oder des entspannten, minimalistischen Ansatzes mit der Gruppe Town & Country. 2022 war Abrams beim Jazzfest Berlin an Hamid Drakes Turiya-Projekt beteiligt. Wenn es ein verbindendes Element gibt, das all seinen musikalischen Outputs gemein ist, dann seine Affinität zu hypnotischen Grooves, die auch immer schon Dreh- und Angelpunkt von Natural Information Society war. Die Gruppe wurde von Abrams 2010 als musikalisches Ventil für sein Gimbri-Spiel ins Leben gerufen – dem markanten bassähnlichen Instrument der marokkanischen Gwana –, hat ihr Profil jedoch mit der Zeit ausgeweitet. In die Kompositionen Abrams’ mischen sich Einflüsse von Musiktraditionen aus der ganzen Welt, immer jedoch originell verwoben unter den Geboten von Jazz und zeitgenössischer Musik. Zum Kernquartett der Band gehören der Bassklarinettist Jason Stein, der Schlagzeuger Mikel Patrick Avery und die Harmoniumspielerin Lisa Alvarado. Letztere ist auch als bildende Künstlerin aktiv und entwirft unter anderem die Wandteppiche, die bei Auftritten der Band den Bühnenhintergrund zieren. Das Quartett selbst hat sich zu einer bemerkenswerten Live-Band entwickelt, wurde jedoch für nahezu jede Platte um unterschiedliche Gastmusiker*innen erweitert – ein wesentlicher Aspekt des Konzepts, mit dem die Gruppe Don Cherry’s Ansatz einer Organic Music, die Menschen zusammenbringen wollte und zugleich Können mit von Genre-Bürden unbelasteter Unschuld verband, Tribut zollt. Auf dem aktuellen Album „Since Time is Gravity“ sind ebenfalls zahlreiche Chicagoer Musiker*innen vertreten, von denen Ari Brown besonders heraussticht: Der erfahrene Saxofonist ist Mitgründer von The Awakening und hat mehrfach mit Evlin Jones und Kahil El’Zabars Ritual Trio zusammengearbeitet. Zum Jazzfest Berlin 2023 hat die Band die Berliner Musiker*innen Anna Kaluza, Mia Dyberg und Axel Dörner eingeladen.
Joshua Abrams – Gimbri
Lisa Alvarado – Harmonium
Jason Stein – Bassklarinette
Ben LaMar Gay – Kornett, Flügelhorn, Perkussion
Mikel Avery – Perkussion
Ari Brown – Special guest am Tenorsaxofon
Lokale Musiker*innen:
Anna Kaluza – Saxofon
Mia Dyberg – Saxofon
Axel Dörner – Trompete
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Deutschlandpremiere
(US)
Der Schlagzeuger und Bandleader Mike Reed ist eine treibende Kraft der Chicagoer Szene. Er leitet Bands wie People, Places & Things und Loose Assembly, arbeitet mit Größen wie Roscoe Mitchell oder Wadada Leo Smith zusammen und spielt an der Seite von Nicole Mitchell und Tomeka Reid in der Gruppe Artifacts. Daneben agiert er auch hinter der Bühne als Betreiber von Clubs wie Constellation oder The Hungry Brain. Sobald es die Pandemie wieder zuließ, bündelte Reed seine künstlerische Energie und versammelte im Januar 2022 befreundete Musiker*innen zu einem Sextett, um neues Material zu erarbeiten. Neben den drei Multiinstrumentalisten von Bitchin Bajas (Cooper Crain, Rob Frye und Dan Quinlivan) wird die Gruppe durch den Kornettisten Ben LaMar Gay und den Sprachkünstler Marvin Tate ergänzt. Das aktuelle Debütalbum der Band ist gleichermaßen von Expressivität und düsterer Intimität geprägt. Die Stücke mit Tate – eine kraftvolle musikalische Persönlichkeit – gehen den Widersprüchen und Schwierigkeiten des alltäglichen Lebens nach und thematisieren subtilen Rassismus, Gewalt und Solidarität. Musikalisch bewegen sie sich dabei freimütig zwischen ekstatischem Free Jazz und mitreißenden Grooves und lösen damit jegliche Spannung zwischen Körper und Geist in Luft auf.
Mike Reed – Schlagzeug
Rob Frye – Tenorsaxofon, Flöte, Schlagzeug
Cooper Crain – Gitarre, Sythesizer
Dan Quinlivan – Synthesizer
Marvin Tate – Spoken Word
Ben LaMar Gay – Kornett, Flügelhorn, Perkussion
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(US)
Seit ihrer Gründung in Chicago 2010 gehen Bitchin Bajas allen Arten von klanglicher Hypnotik nach und streben dabei nach einer psychedelischen Hörerfahrung, die gleichermaßen an Terry Rileys Minimalismus, den spacigen Krautrock der frühen Tangerine Dream und die harmonischen Drones von La Monte Young erinnert, aber all diese Einflüsse durch eine Rock-typische Prägnanz filtert. Die Zusammenarbeit des Trios ist geprägt vom scheinbar unerschöpflichen musikalischen Facettenreichtum seiner Mitglieder, dem Gitarristen und Keyboarder Cooper Crain, dem Holzbläser und Keyboarder Rob Frye und dem Bassisten und Keyboarder Dan Quinlivan. Im Laufe der Jahre entstanden Aufnahmen mit dem Sänger Bonnie „Prince“ Billy, Natural Information Society und Haley Fohr von Circuit des Yeux unter ihrem Jackie Lynn-Alias. Ihren eigenen Sound – dominiert von synthetischen Keyboardklängen und durchzogen von Fyres improvisatorischen Exzessen an Flöte und Saxofon – haben Bitchin Bajas dabei konstant weiterentwickelt und immer wieder mit ihrer unbändigen Neugier für Klänge aus aller Welt in Einklang gebracht. Wenngleich die Gruppe während der letzten Jahre einige Rückschläge hinnehmen musste – etwa durch die Pandemie oder den Diebstahl der meisten ihrer Vintage-Synthesizer im Jahr 2018 –, haben sie zu ihrer alten Form zurückgefunden. 2021 veröffentlichten sie als Hommage an Wendy Carlos’ Klassiker „Switched on Bach“ eine Reihe berühmter Sun Ra-Stücke als Synthesizer-Arrangements unter dem Titel „Switched on Ra“. Und im letzten Jahr veröffentlichte das Trio ihr bislang konsequentestes Album „Bajascillators“, das in vier hypnotischen Trips Zeit und Raum aushebelt.
Cooper Crain – Tasteninstrumente
Dan Quinlivan – Tasteninstrumente
Rob Frye – Tasteninstrumente, Holzblasinstrumente