Konzert
„Power Vibe“
Steph Richards © Chris Weiss
Die Bühne im Quasimodo gehört am Freitagabend den Klangexperimenten der in Kalifornien lebenden Trompeterin Steph Richards und ihres Quartetts, die den Einfluss des Geruchssinns auf unser Hörerlebnis reflektieren.
(CA, US, JP)
Für die kanadische Trompeterin Steph Richards ist Musik mehr als ein rein akustisches Phänomen. Andere Sinneswahrnehmungen beeinflussen, wie sie eine Performance oder eine Aufzeichnung erlebt. Angesichts dieser Tatsache ist es nicht überraschend, dass ihr Album „Supersense“ von 2020 mit mehr als nur mit einem visuell gestalteten Cover aufwartet. Während der Entstehungsphase der Stücke ließ Richards den Detroiter Künstler und Parfümeur Sean Raspet Duftnoten entwickeln, die Teil des kreativen Prozesses wurden. Gemeinsam kreierten sie erdige Aromen, die so angenehm wie unerwartet dufteten und verwendeten für die Kompositionen außergewöhnliche Essenzen, unter anderem aus dem Außenskelett einer Grille gewonnen. Jedem Albumexemplar liegt eine Duftkarte bei, sodass die Hörer*innen ebenfalls die Gerüche erleben können, die Richards beim Komponieren im Sinn hatte. Die Musik funktioniert jedoch auch ohne derartige Beigaben. Mal dockt Richards an die Post-Bop-Tradition an, rückt dann wieder mit Leichtigkeit von ihr ab – ob durch treibenden Swing oder in freien, zurückgenommenen Klangfiguren –, während ihr Quartett die Wechsel zwischen Abstraktion und Groove mühelos meistert. Richards, die zurzeit an der University of California in San Diego Music Performance doziert, fühlt sich in mehreren Genres jenseits des Jazz zu Hause – etwa in der zeitgenössischen Musik oder im Art Pop im Rahmen von Kollaborationen mit Größen wie David Byrne oder St. Vincent. Das Hauptaugenmerk ihrer eigenen Praxis liegt jedoch auf der Improvisation. Das Quartett, das sie nach Berlin mitbringt – mit dem Bassisten Stomu Takeishi, dem Schlagzeuger Max Jaffe und dem Pianist Joshua White – hat die Musik von „Supersense" eingespielt, arbeitet aber auch bereits seit einigen Jahren an einem neuen Repertoire, mit dem es von innen die Mauern der Tradition erweitern und aufbrechen möchte, ohne sie zum Einsturz zu bringen.
Steph Richards – Trompete
Joshua White – Klavier
Stomu Takeishi – Bass
Max Jaffe – Schlagzeug, Elektronik