Programm Freitag, 1.11.2024

Vergangenheit und Gegenwart stehen im Jazz stets im Dialog. Besonders deutlich wird dies am Festivalfreitag bei einem Bühnenhaus-Special, das das Publikum in ein Universum aus 60 Jahren Jazzfest Berlin eintauchen lässt.

Der Schlagzeuger und Komponist John Hollenbeck bringt als ehemaliger Wahlberliner sein Stück „The Drum Major Instict“ mit einer spannenden Gruppe Berliner Musiker*innen auf die Bühne, darunter ehemalige Kolleg*innen des Jazz Institut Berlin. Das Stück basiert auf einer der letzten Predigten von Martin Luther King Jr., die er 1968, kurz bevor er erschossen wurde, in Atlanta hielt. Bei seinen zwei historischen Besuchen im geteilten Berlin 1964 hielt King im Rahmen der Berliner Festwochen eine Eröffnungsrede in der Philharmonie Berlin und würdigte die ersten Berliner Jazztage mit einem bemerkenswerten Plädoyer für die Bedeutung des Jazz. In der multimedialen Performance im Bühnenhaus kombiniert Hollenbecks Band ihren Live Auftritt mit Projektionen legendärer Konzertmitschnitte aus der Historie des Jazzfest Berlin.

Der Abend auf der Hauptbühne des Haus der Berliner Festspiele wird von einem internationalen Ensemble um den schwedischen Trompeter Goran Kajfeš eröffnet, dessen Band Tropiques noch weit mehr bereithält, als der Name suggeriert. Daran schließt das lang ersehnte Berlin-Debüt von Kris Davis’ „Diatom Ribbons“ an: Neben der Pianistin selbst spielen Turntablistin Val Jeanty, Bassist Nick Dunston und die legendäre Schlagzeugerin Terri Lyne Carrington ihr neues Programm. Das abschließende Set auf der Hauptbühne gehört dem Trio Tapestry, einem Ensemble des Saxofonisten Joe Lovano, gemeinsam mit der außergewöhnlichen Pianistin Marilyn Crispell – am Abend zuvor mit einem Solo Set zu erleben – und dem Schlagzeuger Carmen Castaldi. Doch der Abend endet mit dem Programm im Haus der Berliner Festspiele noch lange nicht.

Dass Berlin ein Magnet für Improvisationsmusiker*innen aus aller Welt ist, zeigt einmal mehr die Zusammenarbeit der argentinischen Saxofonistin Camila Nebbia mit dem britischen Pianisten Kit Downes. Die beiden Wahlberliner*innen haben sich in der Hauptstadt mit dem Londoner Drummer Andrew Lisle für sorgfältig abgestimmte und zugleich aufregend kantige Improvisationen zusammengetan. Ihre außergewöhnliche Kollaboration präsentieren die drei im A-Trane, das als langjähriger Partnerclub des Festivals auch dieses Jahr wieder mit dabei ist. Das Quasimodo wird mit The Sleep of Reason Produces Monsters zur Bühne für eine ganz andere, härtere Spielart improvisierter Musik: Der österreichische Schlagzeuger Lukas König liefert treibende Beats, über denen Saxofonistin Mette Rasmussen und Trompeter Gabriele Mitelli schneidende Klänge und flüchtige Texturen entfesseln. Beinahe mühelos hält die aufstrebende britische Turntablistin Mariam Rezaei alles zusammen und steuert zugleich einen nie enden wollenden Strom aus gegenläufigen Akzenten, rhythmischer Unterstützung und Noise bei.

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