Konzert
Darius Jones, Sylvie Courvoisier und die Otomo Yoshihide Special Big Band © Ebru Yildiz, Veronique Hoegger, Soshi Setani
Den letzten Abend des Jazzfest Berlin 2024 gestaltet das Festival mit einer Reihe von Deutschland- und Europapremieren. Der Altsaxofonist und Komponist Darius Jones bringt eines seiner herausragendsten Projekte nach Berlin und widmet sich der Fluxus-Tradition. Die Pianistin Sylvie Courvoisier kehrt mit einem neuen Quartett zum Festival zurück. Zum furiosen Abschluss feiert der japanische Untergrundkünstler Otomo Yoshihide seine tiefe Liebe zum Jazz mit seiner 16-köpfigen Special Big Band.
18:30
(CA, US)
Deutschlandpremiere
Als einer der großen amerikanischen Komponisten und Saxofonisten des 21. Jahrhunderts hat Darius Jones seine Karriere der konsequenten Hingabe an die Jazztradition gewidmet. Seine rastlose künstlerische Neugier nimmt dabei immer neue Einflüsse auf und verarbeitet sie in seiner sehr persönlichen Handschrift. Bekannt wurde Jones als Saxofonist der Gruppe Little Women. Doch im Laufe der Jahre entwickelte er immer mehr die konzeptionelle Unerschrockenheit eines Anthony Braxton. Mit „fLuXkit Vancouver (it’s suite but sacred)“, einem Auftragswerk von Vancouvers renommiertem Kunstraum Western Front, erreicht Jones nun einen neuen Höhepunkt.
Jones legt eine ganz persönliche Interpretation des Gedankens vor, dass im Fluxus jede Idee zum Abschuss freigegeben ist. Seine flexiblen musikalischen Formen lässt er von einem beeindruckenden Ensemble ausformen: Drummer Gerald Cleaver, Cellistin Peggy Lee, Violinisten Jesse und Josh Zubot und Bassist James Meger. Die viersätzige Suite „fLuXkit Vancouver (it’s suite but sacred)“ ist ein musikalisches Juwel: ein meisterhaft gestaltetes Gebilde zutiefst interaktiver Kammermusik, angetrieben von Jones’ Wunsch, den fortwährenden Wert von Western Front zu feiern. Jones ersetzt die Absurdität der Fluxus-Bewegung durch eine unmittelbare Emotionalität. Sein energisches Altsaxofonspiel krönt die Musik und klingt dabei wie das fehlende Glied zwischen Henry Threadgill und Evan Parker – eine seltene Mischung aus emotionaler Intensität und packender Klangfantasie.
Peggy Lee – Cello
Jesse Zubot – Violine
Josh Zubot – Violine
James Meger – Kontrabass
Gerald Cleaver – Schlagzeug
Darius Jones – Altsaxofon, Komposition
20:00
(CH, MX, US)
Europapremiere
Sylvie Courvoisier ist ein regelmäßiger Gast beim Jazzfest Berlin. Und mit jedem Auftritt scheint die in New York lebende Pianistin ein neues Projekt aus dem Hut zu zaubern – immer angetrieben vom Drang, neue Bereiche zu erschließen. Dieses Jahr präsentiert sie eine neue Formation mit derselben Besetzung wie das legendäre Modern Jazz Quartet: Neben Courvoisier am Klavier und der Rhythmusgruppe, bestehend aus Bassist Thomas Morgan und Schlagzeuger Dan Weiss, gehört die Vibrafonistin Patricia Brennan zur Band – eine der spannendsten Musikerinnen an ihrem Instrument und Mitglied in Mary Halvorsons Sextett Amaryllis.
Die Zusammenarbeit mit Brennan verortet Courvoisier im Kontext ihrer Leidenschaft für gedoppelte Tasteninstrumente: Kürzlich interpretierte sie Stravinskys „Le sacre du printemps“ gemeinsam mit dem Pianisten Cory Smythe, und in ihrer ersten Band Ocre spielte sie neben Pierre Charial an der Drehorgel. Sowohl Courvoisier als auch Brennan bewegen sich seit langem zwischen improvisierter und Neuer Musik – auch hier ein Vermächtnis des Modern Jazz Quartet, das die Ästhetik des sogenannten Third Stream vorantrieb, der Elemente des Modern Jazz mit Komponenten der klassischen Musik verbindet. Dass Poppy Seeds dieser musikalischen Strömung neue Energie schenken können, steht angesichts der kompositorischen Raffinesse Courvoisiers und der Spontaneität ihres Ensembles wohl kaum infrage.
Sylvie Courvoisier – Klavier
Patricia Brennan – Vibrafon
Thomas Morgan – Kontrabass
Dan Weiss – Schlagzeug
21:30
(JP)
Der Japaner Otomo Yoshihide hat viele Gesichter. Er ist bekannt als abenteuerlustiger Experimentalist, E-Gitarrist und Turntablist im Grenzbereich von Noise und freier Improvisation. Doch auch als Film- und Fernsehkomponist hat er sich einen Namen gemacht. Erste internationale Bekanntheit erlangte er mit der experimentellen Rockband Ground-Zero in den 1990er-Jahren. Nach Auflösung der Band 2001 wandte sich Yoshihide einem nüchterneren Stil zu und erforschte Klänge hinsichtlich ihrer ureigenen Qualitäten.
Zur selben Zeit entstand aus Yoshihides langjähriger Faszination für Jazz eine Reihe von Projekten, die bis heute bestehen: etwa seine Interpretation legendärer Alben wie Eric Dolphys „Out to Lunch“ oder Albert Aylers „Bells“. Zuletzt gründete er diese spannende Big Band, die seine diversen stilistischen Vorlieben zu einer einzigen vielgestaltigen Einheit bündelt. Das herausragende Album der Gruppe von 2022 vereint stimmungsvolle Rock-Balladen und vielseitige Improvisationen. Die Musik lässt den Geist von Sonny Sharrock und Yoshihides Gitarren-Mentor Masayuki Takayanagi in kaleidoskopischen Kompositionen und einer originellen Interpretation des Charlie Haden-Klassikers „Song for Chè“ aufleben. Bei diesem seltenen Auftritt präsentiert Yoshihide seine 16-köpfige Special Big Band zum ersten Mal in Berlin.
Otomo Yoshihide Special Big Band European tour 2024 is supported by Tokyo Arts Council, Japan Foundation and EU Japan Fest
Otomo Yoshihide – Gitarre
Kondo Tatsuo – Keyboards, Mundharmonika
Okuchi Shunsuke – Akkordeon
Kawai Shinobu – E-Bass
Kobayashi Takefumi – Schlagzeug, Perkussion
Itoken– Schlagzeug
Aikawa Hitomi – Perkussion
Sachiko M – Elektronik, Sinuswellen
Saito Kan – Flöte, Piccoloflöte
Inoue Nashie – Klarinette
Egawa Ryoko – Saxofon
Suzuki Hiroshi – Saxofon
Higashi Ryota – Saxofon
Sato Shutoku – Trompete, Flügelhorn
Imagome Osamu – Posaune
Kimura Jinya – Tuba