Konzert
Kanon & Chaos Hommage à Ockeghem
Sergej Newski © Kai Bienert
Am Anfang steht ein fast unhörbarer Moment. Atemgeräusche mischen sich mit amorphen Klängen; isolierte, autistisch anmutende Laute entwickeln sich bald zu Texten; aus Tongebilden der jeglicher Grammatik und Semantik entkleideten Stimme entsteht Gesang. Im dramaturgischen Wechsel von phonetischer Reduktion zum komplexen Klang thematisiert Autland jene Sprachlosigkeit, die dem Gefühl der Isolation und Ohnmacht des Individuums entspringt, und den Kampf um deren Überwindung.
Der Komposition liegen, neben Poemen und Texten surrealistischer Dichter, auch Texte von Autisten zugrunde. Im Versuch, sich in der unübersichtlichen Welt zu verorten, bedienen sie sich einer bildmächtigen Sprache, denen die Komposition mit eigener Dynamik und Dramatik begegnet. Im Zentrum steht der von Titus Engel für 24 Stimmen bearbeitete Kanon Deo Gratias (1497) von Johann Ockeghem, eine polyphone Klangkathedrale zum Lobpreis Gottes. Hier führt die artifizielle, unendliche Vielstimmigkeit in Schwindel erregende Sphären und – in der Zusammenführung aller Stimmen – die Ordnung des Kanons ad absurdum. Sergej Newski entwickelt aus dem Kanonprinzip ein ganz eigenes Ordnungs- und Sprachsystem.
Sergej Newski
Autland
Musiktheater für sechs Solisten und Kammerchor (2008/11)
Nach Texten von Gerd-Peter Eigner, Unica Zürn, Katja Rohde, Anton Charitonow und Artjom Pismenski
Konzertante DE der Neufassung