Welchen Geschichtsnarrativen begegnen wir? Welche Perspektiven ergeben sich aus zeitlicher Distanz, nicht zuletzt hinsichtlich aktueller Fragestellungen bzgl. Diversität, Ungleichheit der Geschlechter, Intersektionalität, Kolonialität und weißer Vorherrschaft? Wie verhält sich die Entwicklung der musikalischen Avantgarde zu den gesellschaftlichen Bruchlinien der jüngeren Geschichte, von Klassismus, Sexismus und Rassismus bis hin zu epistemischen und ästhetischen Ausgrenzungen? Auf welche Weise prägen diese Bruchlinien den Bereich zeitgenössischer Musik bis heute? In anderen Worten: Was ist die Geschichte der (musikalischen) Gegenwart?
Im Flackern dieses größtenteils unbekannten, umfangreichen und doch naturgemäß fragmentarischen Archivs spiegeln sich die Persönlichkeiten, Institutionen, Formen und Debatten der musikalischen Avantgarde ebenso wie die großen kulturellen, politischen und ideologischen Strömungen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. „Tele-Visions“ richtet einen kritischen Fern-Blick auf diese (Selbst-)Darstellung der Neuen Musik im Fernsehen, einem Massenmedium, das selbst historisch und im Verschwinden begriffen ist.
Eine Filminstallation in der neuen Betonhalle des silent green – von 24. bis 31.3. täglich von 14:00 bis 24:00 geöffnet – wird ergänzt durch acht ganztägige Filmprogramme, die von internationalen Wissenschaftler*innen, Künstler*innen und Kurator*innen zusammengestellt werden. Jedes dieser Programme wirft jeweils eigene Schlaglichter auf die Geschichtsnarrative der musikalischen Avantgarde. Zwei Fernseh-Abende am 25. und 27.3. eröffnen mit Vorträgen, Panels und Präsentationen aktuelle Perspektiven auf diese noch zu schreibende Mediengeschichte der Neuen Musik im Fernsehen.
„Tele-Visions“ basiert teilweise auf Recherchen für ein Filmprogramm, das im Jahr 2009 im Rahmen des Festivals Wien Modern unter der künstlerischen Leitung von Berno Odo Polzer realisiert und in Zusammenarbeit mit Andreas Lewin kuratiert wurde.