Grußwort

Claudia Roth MdB

„Ich habe zwei Handikaps“, schrieb Florence Price 1943 in einem Brief an den Dirigenten des Boston Symphony Orchestra. Sie sei eine Frau und schwarz. Dies spricht Bände darüber, wie es um die Karriere dieser begabten afroamerikanischen Komponistin bestellt war.

Musikalisches Genie war zu jener Zeit – so die gängige Vorstellung − nur weiß und männlich. Dennoch gab Florence Price nicht auf. Sie machte sich beharrlich einen Namen und komponierte weiter. Nach ihrem Tod 1953 jedoch geriet ihr Œuvre – wie das so vieler talentierter Frauen – in Vergessenheit. Die fast 30 Kisten an Manuskripten und Kompositionen, die vor ein paar Jahren in ihrem ehemaligen Haus in Chicago gefunden wurden, sind stumme Zeugen ihres unermüdlichen Schaffensdranges. Florence Price ist nur eine der 40 großartigen Komponistinnen und Komponisten, deren Werke im Rahmen des diesjährigen Musikfest Berlin aufgeführt werden. Insgesamt 33 Klangkörper und eine Vielzahl an Solistinnen und Solisten aus Berlin und aller Welt präsentieren im diesjährigen Festivalprogramm 27 Konzerte mit über 50 Werken. Die Widerstände, gegen die Florence Price als Frau und Person of Color ankämpfen musste, sind lange nicht vollständig überwunden. Gleichberechtigung und Diversität sind Forderungen, die nicht an Bedeutung verloren haben. Noch immer sind es meist Männer, die dirigieren und komponieren.

Ich freue mich daher sehr, dass das Musikfest Berlin in diesem Jahr wieder ein vielfältiges und anspruchsvolles Programm mit Werken von der Renaissance bis in die Gegenwart erdacht hat, das uns einlädt, neugierig und offen zu bleiben, Gewohntes kritisch zu hinterfragen und uns neuen Hörerfahrungen zu öffnen.

Ich wünsche allen Zuhörerinnen und Zuhörern aufregende und inspirierende Musikerlebnisse!

Claudia Roth MdB
Staatsministerin für Kultur und Medien