Grußwort

Andrea Zietzschmann

Liebes Publikum, herzlich willkommen zum Musikfest Berlin 2023!

„Ich bin weder aus dem Osten noch aus dem Westen, keine Grenzen existieren in meiner Brust.“ Bald 800Jahre alt ist dieses Zitat von Rumi, einem der bedeutendsten persischen Dichter und Gelehrten des Mittelalters – und bis heute tragen seine Worte einen progressiven und universellen Harmoniegedanken in sich. Für Grenzenlosigkeit steht auch das diesjährige Musikfest Berlin, das über die Dauer von drei Wochen Berliner, nationale und internationale Orchester, Ensembles und Künstler*innen eingeladen hat. Die musikhistorische und stilistische Bandbreite reicht von Komponist*innen wie Hildegard von Bingen – von Künstlerinnen neukomponiert und - kontextualisiert – bis hin zur Uraufführung eines neuen Werkes von Betty Olivero, die Sopran und Orchester mit elektronischen Klängen mischt. Von besonderer musikalischer wie gesellschaftspolitischer Relevanz ist aktuell ein Fokus des Musikfest Berlin auf die klassische persische Musik, die auch als Inspirationsquelle für neue Kompositionen zu erleben ist.

Die Berliner Philharmoniker freuen sich sehr, als Kooperationspartner des Musikfest Berlin der Berliner Festspiele wieder Gastgeber für viele internationale Ensembles und Orchester zu sein. Mit zwei Programmen ist das Orchester selbst vertreten – in „Ihrer“ Philharmonie, die in diesem Jahr übrigens ihr 60-jähriges Bestehen feiert.

„Tradition und Innovation zu verbinden“, so hat Jörg Widmann sein künstlerisches Anliegen einmal bezeichnet, welches in seiner Konzertouvertüre für Orchester „Con brio“ mit spielerischen Bezügen zu Symphonien Ludwig van Beethovens beeindruckend im ersten Konzert mit den Berliner Philharmonikern beim Musikfest Berlin in Szene gesetzt wird. Der Composer in Residence 2023/24 ist dabei alles in einem: Dirigent, Solist und Komponist. So dirigiert er sein zweites Violinkonzert, das seine Schwester, die Geigerin Carolin Widmann, interpretieren wird, bevor er die von ihm komponierte „Fantasie“ für Klarinette solo selbst zu Gehör bringt: ein Werk, das die Möglichkeiten des zeitgenössischen Klarinettenklangs auslotet. Als bekennender Mendelssohn-Bartholdy-Verehrer, einst „unsterblich verliebt“ in dessen Klarinettensonate, wird Widmann außerdem dessen Symphonie Nr. 5 dirigieren.

Klangvolumen, mitunter -wucht, trifft auf die Hörer*innen des zweiten Konzertes der Berliner Philharmoniker unter der Leitung von Chefdirigent Kirill Petrenko und mit beeindruckenden Werken aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Iannis Xenakis’ „Jonchaies“ für Orchester, ein naturgewaltiges Aufeinanderprallen verschiedener Instrumenten- und Klangcluster, bildet nur die Vorhut für György Kurtágs expressiv-treibendes Werk „Stele“ und Karl Amadeus Hartmanns apokalyptische „Gesangsszene“ nach Worten aus „Sodom und Gomorrha“ von Jean Giraudoux – im Untergang mündend mit den eindrücklichen Worten: „Es ist ein Ende der Welt! Das Traurigste von allen!“ Ein heute eindringlich klingender Weckruf. Auch in diesem Konzert verpflichten sich die Berliner Philharmoniker zur Aktualität – durch die Uraufführung eines neuen Werks von Márton Illés.

Ich bedanke mich auch in diesem Jahr wieder sehr herzlich bei Winrich Hopp und seinem Team für ihre Kreativität und wünsche bestes Gelingen bei der Durchführung des vielseitigen Programms. Auch wünsche ich Matthias Pees viel Erfolg, dem neuen Intendanten der Berliner Festspiele, sowie allen beteiligten Künstler*innen. Und Ihnen, liebes Publikum, wünsche ich inspirierende Konzertabende beim Musikfest Berlin 2023.

Ich freue mich auf Sie, Ihre

Andrea Zietzschmann
Intendantin der Stiftung Berliner Philharmoniker