Grußwort

Matthias Pees (Intendant der Berliner Festspiele) & Winrich Hopp (Künstlerischer Leiter des Musikfest Berlin)

Les Troyens von Hector Berlioz mit John Eliot Gardiner
Werke von Gustav Mahler und Sergej Rachmaninow, von Johann Sebastian Bach bis Unsuk Chin

Vom 26. August bis 18. September 2023 startet das Berliner Konzertleben mit dem Musikfest Berlin in die neue Spielzeit, veranstaltet von den Berliner Festspielen in Kooperation mit der Stiftung Berliner Philharmoniker. In 28 Veranstaltungen werden in der Philharmonie Berlin, in deren Kammermusiksaal und in der Gethsemanekirche über 60 Werke von rund 45 Komponist*innen präsentiert, aufgeführt von 25 Instrumental- und Vokalensembles und über 50 Solist*innen des internationalen und Berliner Musiklebens. Zu den Höhepunkten des vielfältigen Programms von Johann Sebastian Bach über Gustav Mahler und Sergej Rachmaninow bis hin zu Unsuk Chin gehört auch die konzertante Aufführung von Hector Berlioz’ Monumentaloper „Les Troyens“ unter der Leitung von John Eliot Gardiner.

John Eliot Gardiner, der Doyen der historisch orientierten Aufführungspraxis, feiert seinen 80. Geburtstag. Mit dem deutschlandweit exklusiven Gastspiel seines Orchestre Révolutionnaire et Romantique, des Monteverdi Choir und eines Ausnahmeensembles von Solist*innen kommt eine echte Rarität auf die Bühne der Philharmonie Berlin: Berlioz’ musiktheatrales Opus summum „Les Troyens“. In Berlin ist die Oper, deren vollständige Aufführung der Komponist niemals erlebte, überhaupt erst zweimal, 1930 und 2010, aufgeführt worden. Mit John Eliot Gardiner und seinen Ensembles aber wird das Werk in Berlin erstmals in der originalen Klanggestalt – gewissermaßen im Composer’s Cut – präsentiert.

Der historischen Aufführungspraxis verpflichtet sind auch das Collegium Vocale Gent, das mit seinem Orchester und unter der Leitung von Philippe Herreweghe Johann Sebastian Bachs Opus ultimum, die Messe h-Moll, nach Berlin bringt, und der vor 75 Jahren gegründete RIAS Kammerchor Berlin, der sich mit seinem Chefdirigenten Justin Doyle und dem Freiburger Barockorchester Joseph Haydns „Missa in tempore belli“ widmet.

2023 ist auch ein Jubiläumsjahr für das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, das mit der ersten „Funk-Stunde Berlin“, der Geburtsstunde des ersten öffentlichen Radiosenders in Deutschland vor 100 Jahren, gegründet wurde. Und auf eine 500-jährige Geschichte kann das Bayerische Staatsorchester zurückblicken. Beide Orchester werden beim Musikfest Berlin von ihrem gemeinsamen Chefdirigenten Vladimir Jurowski geleitet.

Sir George Benjamin wird 2023 mit dem Ernst von Siemens Musikpreis der Ernst von Siemens Musikstiftung geehrt. Beim Musikfest Berlin gastiert der britische Komponist und Dirigent mit gleich zwei Konzerten des Ensemble Modern, die den international führenden Klangkörper für zeitgenössische Musik in zwei Formationen präsentieren: im Ensemblezuschnitt im Kammermusiksaal und als großdimensioniertes Orchester im Großen Saal der Philharmonie Berlin. Die Entfaltung zum umfangreich besetzten Orchester ist auch Frucht der vor zwanzig Jahren gegründeten Internationalen Ensemble Modern Akademie: Zahlreiche Absolvent*innen der angesehenen Ausbildungsstätte sind heute weltweit tätig und schließen sich zu großformatigen Ausnahmeprojekten stets aufs Neue zusammen.

Mit einer besonderen Akademie wenden sich in diesem Jahr der Pianist Alexander Melnikov – neben seinen kammermusikalischen Beiträgen anlässlich des Rachmaninow-Jahres 2023 – und das im belgischen Gent beheimatete und ebenfalls die historische Aufführungspraxis pflegende B’Rock Orchestra an die Besucher*innen des Musikfest Berlin: In einer mit „Listener’s Academy“ betitelten Matinee im Kammermusiksaal zerlegen der Pianist und die Musiker*innen des Orchesters Beethovens Erstes Klavierkonzert vor den Ohren der Zuhörer*innen in seine Bestandteile, erklären und führen vor, was die Komposition im Innersten zusammenhält und was und wie die Musiker*innen hören, wenn sie das Werk aufführen.

Zu den internationalen Gastensembles zählen das Royal Concertgebouw Orchestra mit Iván Fischer, das London Symphony Orchestra mit Sir Simon Rattle und das Boston Symphony Orchestra mit Andris Nelsons. Als neuer Chefdirigent des Israel Philharmonic Orchestra ist Lahav Shani erstmals beim Musikfest Berlin zu Gast. Ihre Debüts geben auch Mirga Gražinytė-Tyla, die mit den Münchner Philharmonikern gastiert, Joana Mallwitz als neue Chefdirigentin des Konzerthausorchester Berlin sowie schließlich Jörg Widmann, der gleich dreifach in seinen Konzerten mit den Berliner Philharmonikern präsent ist: als Dirigent, Klarinettist und Komponist.

Neben den großen Klassikern des Repertoires und des 20. Jahrhunderts, von denen die Komponisten Gustav Mahler und Sergej Rachmaninow eine besondere Betonung erfahren, öffnet sich das Festivalprogramm auch der Musik unserer Zeit und präsentiert Werke von Thomas Adès, Julia Adolphe, Dieter Ammann, George Benjamin, Unsuk Chin, Donnacha Dennehy, Francesco Filidei, Saed Haddad, Márton Illés, Elizabeth Ogonek, Betty Olivero und Victoria Vita Polevá.

Die Uraufführung eines neuen Werkes von Wolfgang von Schweinitz führt schließlich von der Welt der Gegenwart in die Welt der traditionellen persischen Musik. Mit seinem kompositorischen Œuvre hat von Schweinitz die „just intonation“- Bewegung entscheidend geprägt. Sein besonderes Interesse gilt in „My Persia“ den speziellen Stimmungen der Dastgāhs (Modi) des Radīfs – dem Kulturerbe der alten persischen Kunstmusik, deren jahrhundertealte Mikrotonalität er mehrstimmig ausarbeitet. Die Uraufführung von „My Persia“ korrespondiert im zweiten Teil des Konzertabends am 15. September mit dem Auftritt des in Berlin lebenden Tār- und Setār-Virtuosen Majeed Qadiani, der im improvisierenden Spiel die Dastgāhs des Radīfs in ihrer jahrhundertealten Schönheit und Poesie präsentiert.

Am 16. September gastiert in einem zweiten der klassischen persischen Musik gewidmeten Konzert das von dem Tār- und Setār-Meister Majid Derakhshāni gegründete und geleitete Māhbānoo Ensemble. Der Name des Ensembles ist Programm: „Bānoo“ bedeutet „die Dame“ und entsprechend besteht das Ensemble allein aus Musikerinnen. Der öffentliche Auftritt im Iran ist dem Ensemble verwehrt, was jedoch die digitale Verbreitung seiner Studioaufnahmen nicht hat verhindern können. Nach Konzerten in den europäischen Nachbarländern und einigen wenigen privaten Auftritten hierzulande gibt das Māhbānoo Ensemble nun sein öffentliches Debüt in Deutschland beim Musikfest Berlin.

Zusammen mit den Kolleg*innen der Berliner Festspiele und dem Team des Musikfest Berlin danken wir allen beteiligten Künstler*innen und Institutionen, der gastgebenden und kooperierenden Stiftung der Berliner Philharmoniker und ihrer Intendantin Andrea Zietzschmann, den in Berlin ansässigen Partnerorchestern für die ausgezeichnete Zusammenarbeit, der Ernst von Siemens Musikstiftung für die Förderung der Konzerte mit George Benjamin, Bahar Roshanai von der Körber-Stiftung für die Zusammenarbeit bei den Programmen persischer Musik, schließlich der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsministerin Claudia Roth, für die Förderung des Musikfest Berlin der Berliner Festspiele.

Viel Freude beim Besuch der Veranstaltungen des Musikfest Berlin 2023 wünschen Ihnen

Matthias Pees (Intendant der Berliner Festspiele) & Winrich Hopp (Künstlerischer Leiter des Musikfest Berlin)